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Kapitel 5

Author: Jana
Annas Mutter war vor einer Woche gestorben.

Ihre Mutter hatte einen Hirntumor im Endstadium. Obwohl Maximilian dafür sorgte, dass sie ins beste Krankenhaus des Landes kam, verschlechterte sich ihr Zustand von Tag zu Tag.

Die Zeiten, in denen sie klar war, wurden immer kürzer, die verwirrten Phasen immer länger. Die meiste Zeit erkannte sie nicht einmal mehr, wer Anna war.

Der behandelnde Arzt sagte, man könne nicht länger warten. Die Operation müsse durchgeführt werden, sonst würde Frau Weber keine Woche mehr überleben.

Anna wusste nicht, was sie tun sollte. Sie rief Maximilian an, um seinen Rat einzuholen.

Dreimal hintereinander legte er auf. Beim vierten Mal nahm er endlich ab, nur um sie anzuschreien: Warum rufe sie ihn an? Er sei beschäftigt, sie solle nicht stören!

Der behandelnde Arzt wusste, dass Anna die junge Frau Richter war. Er schlug vor, dass Maximilian ausländische Experten einladen sollte, um gemeinsam mit den deutschen Ärzten eine Konsultation durchzuführen. So würde die Erfolgsrate der Operation höher sein.

Anna dankte dem Arzt. Dann saß sie mit ihrem Handy im Krankenhausflur und wartete, Minute für Minute, bis es endlich sechs Uhr abends war.

Das war Maximilians übliche Feierabendzeit.

Sie fasste Mut und rief ihn wieder an.

Er ging nicht ran. Sie dachte, er arbeite wohl noch. Macht nichts, sie würde weiter warten.

Diesmal wartete sie länger. Um Mitternacht versuchte sie es wieder, aber sie kam nicht durch.

Es dauerte einen Moment, bis Anna begriff: Maximilian hatte sie blockiert.

Die ganze folgende Woche kam Maximilian nicht nach Hause. Sie konnte ihn nicht erreichen, er antwortete nicht auf Nachrichten. So wurde Frau Weber der optimale Zeitpunkt für die Operation vorenthalten...

War Maximilian wirklich so beschäftigt?

So beschäftigt, dass er in der Woche, in der er sie blockiert hatte, Zeit fand, Geschenke für Victorias Rückkehr auszusuchen und ihre Geburtstagstorte zu bestellen?

Sie durfte nicht weiter darüber nachdenken. Anna schloss die Augen, unterdrückte das Zittern ihrer Hände, nahm die Scheidungspapiere und verließ das Arbeitszimmer.

Mittags bereitet Frau Müller ein Festmahl vor, aber kaum hatte sich Sophia zum Essen gesetzt, fing sie schon an zu nörgeln.

„Anna, früher hast du doch immer gekocht. Warum kochst du heute nicht?“ Sophia provozierte absichtlich. „Liegt es daran, dass Victoria hier wohnt und du dich zu fein fühlst, für sie zu kochen?“

Bei diesen Worten verfinsterte sich Maximilians Gesicht sichtlich. Mit kaltem Blick sah er Anna an und wartete auf ihre Antwort.

Wie ironisch. Als seine Frau hatte sie nicht einmal das Recht, sich zu weigern, für seine erste große Liebe zu kochen...

„Die Gerichte, die ich gut kann, sind alle scharf.“ Anna senkte den Blick. „Frau Steinberg mag es mild. Ich fürchte, es würde ihr nicht schmecken.“

„Dann lass doch einfach die Chilis weg!“ Sophia war immer noch unzufrieden.

„Sophia, hör auf. Anna ist deine Schwägerin, du musst sie respektieren.“ Victoria versuchte zu vermitteln. „Außerdem finde ich, dass Frau Müller sehr gut kocht...“

Mitten im Satz runzelte Victoria plötzlich die Stirn und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Bauch.

„Vicky, was ist los?“ Maximilian war erschrocken und eilte sofort zu ihr, um sie zu stützen.

„Max, mein Bauch tut so weh.“ Victoria war kreidebleich. Sie sank in Maximilians Arme, ihr Ausdruck war verletzlich und schön zugleich.

Maximilian runzelte die Stirn: „Warum hast du plötzlich Bauchschmerzen?“

Sophia machte ein Gesicht, als hätte sie eine Erleuchtung. Sie zeigte auf Anna: „Ah! Ich weiß! Kein Wunder, dass du nicht kochen wolltest. Du hast Victoria vergiftet! Du hast ein schlechtes Gewissen und warst deshalb absichtlich den ganzen Tag nicht in der Küche!“

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