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Kapitel 4

Author: Cocojam
Damiens Perspektive

Damiens Pupillen verengten sich zu Stecknadelköpfen, und sein Atem stockte, als hätte ihn eine Silberkugel getroffen.

Er taumelte einen Schritt zurück, doch seine Alpha-Instinkte erwachten mit voller Wucht und zwangen ihn, standhaft zu bleiben.

„Unmöglich! Als ich wegging, war ihr Zustand stabil. Sie kann nicht tot sein!“, brüllte er.

„Das muss wieder eine ihrer Finten sein, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Habe ich euch nicht gesagt, ihr sollt euch nicht auf ihre Spielchen einlassen?“

Sein Beta duckte sich unter der erdrückenden Wucht von Damiens Wut, und seine Stimme zitterte.

„Alpha, der Körper der Luna liegt außerhalb des Silberkäfigs. Wir haben einen DNS-Test gemacht… Sie ist es. Es ist wirklich die Luna.“

Eine Urangst stieg in Damien auf. Panik flutete seine Augen – jene tiefe, seelenerschütternde Angst, die nur aufkommt, wenn man seinen Gefährten verliert.

Er riss dem Beta die Schlüssel aus der Hand und legte einen Zielsprint hin.

„In die Verliese! Sofort!“

Der Beta wagte nicht zu zögern und kämpfte darum, mit seinem Alpha Schritt zu halten.

Damien trat das Gaspedal durch, und seine Werwolf-Reflexe ließen die gefährliche Geschwindigkeit mühelos erscheinen. In weniger als zwanzig Minuten erreichte er die Verliese.

Dort hatte sich eine Schar Rudelmitglieder versammelt.

Er bahnte sich keuchend seinen Weg durch sie. Die schiere Wucht seiner Alpha-Aura ließ die Menge vor ihm auseinanderweichen. Noch immer schrie er, noch immer weigerte er sich, die Wahrheit zu akzeptieren.

„Elena, wenn das eine Lüge ist“, knurrte er, „dann schwöre ich, ich werde dich eigenhändig töten.“

Doch in dem Moment, als er den leblosen Körper auf dem Boden erblickte, fühlte es sich an, als würde sein Herz in zwei Stücke gerissen. Die plötzliche, erdrückende Leere des zerrissenen Gefährtenbands schnürte ihm fast die Luft ab.

Auf dem Boden lag, mit Blut überströmt, eine schwangere Frau. Es war Elena.

Selbst mit ihrem blutverschmierten Gesicht erkannte er sie am einzigartigen Geruch seiner Gefährtin.

Damiens Beine versagten und er brach auf die Knie. Der mächtige Alpha war in diesem Augenblick komplett am Ende. Er kroch zu ihr hin, seine Hände zitterten, als er die wirren Haare aus ihrem Gesicht strich.

Seine Stimme war ein gebrochenes Brüllen, ein verzweifelter Versuch, die Wahrheit vor ihm zu leugnen.

„Elena! Wach auf! Wach verdammt noch mal auf!“

„Eine Frau, die so durchtrieben ist wie du… wie kannst du einfach sterben?“

„Du tust nur so, nicht wahr? Du wolltest nur, dass ich mich wieder um dich kümmere. Gut. Du hast gewonnen.“

„Wach einfach auf, und ich gebe dir alles. Die Alpha-Position… das ganze Rudel… alles gehört dir. Du kannst die wahre Luna sein. Du kannst dieses Rudel anführen!“

Er wiegte ihren leblosen Körper, aber da war nichts. Nicht eine einzige Spur von Leben.

Damien brach endgültig zusammen. Er warf den Kopf zurück und stieß einen rohen, gutturalen Heullaut aus – den Schrei eines Wolfs, der seine Gefährtin verloren hat. Tränen strömten über sein Gesicht.

„Bitte, ich flehe dich an, wach einfach auf.“

Sein Beta näherte sich vorsichtig, sein eigenes Herz schmerzte bei diesem Anblick.

„Alpha, lass sie gehen. Luna… sie ist nicht mehr.“

Eine Woge roher, ungebändigter Kraft strahlte von ihm aus, seine Augen leuchteten in glutrotem Feuer.

„Hinaus! Sie ist nicht tot! Sie muss mich anlügen!“

Eine Omega-Dienerin konnte nicht länger zusehen, ihre Augen voller Mitleid.

„Alpha, Luna ist wirklich… Bitte, gönnen Sie ihr die letzte Ruhe.“

Eine ältere Wölfin wandte sich ab, ihre Stimme schwer vor Mitleid. „Eine normale Geburt ist schon eine Qual. Aber in den Wehen in Silberketten gelegt zu werden… Mondgöttin, welche Qual sie erdulden musste.“

Damiens Augen waren blutunterlaufen. Fühllos hob er Elenas Körper auf, barg sie in seinen Armen, als wäre sie der kostbarste Schatz der Welt, und stieg steif aus den Verliesen hinaus.

Der Beta trat zu ihm. „Alpha, es fängt an zu regnen. Wir sollten sie ins Innere bringen, um ihr ihre Würde zurückzugeben.“

Damien hielt den Körper seiner Gefährtin nur noch fester, seine beschützenden Alpha-Instinkte waren vollends entfesselt.

Der Beta versuchte es erneut, mit sanfter Stimme.

„Luna hat so viel erlitten. Lass sie jetzt nicht frieren.“

Das drang zu ihm durch. Damien blickte auf das leblose Antlitz seiner Gefährtin hinab, sein Gesichtsausdruck war der reiner Qual.

Dann, unbekümmert um das Blut, das seine Kleidung durchtränkte, hob er ihren Körper behutsam auf und trug sie zurück zu seinem Wagen.

...

Elenas Perspektive

Ich war endlich zu Hause. Mein wirkliches Zuhause, zurück im Territorium meines Vaters.

Kein Betteln mehr um mein Leben vor einem kaltherzigen Alpha wie Damien.

Bevor mein Bewusstsein völlig schwand, hielt mich ein Urinstinkt am Leben – der Instinkt einer Mutter, die ihren Welpen beschützt.

Nach all dem Kampf, um diesem Silberkäfig zu entkommen, konnte ich jetzt nicht aufgeben.

Damien hatte unsere Gefährtenbande zerrissen, aber ich hatte einen letzten Ausweg.

Ich kämpfte mich durch den Nebel der Qual und bat einen Heiler des Rudels um sein Telefon.

Ich kämpfte mich durch den stechenden Schmerz der Silbervergiftung, umklammerte meinen Bauch und wählte die Nummer, die ich auswendig kannte.

„Papa“, würgte ich hervor, „ich hätte auf dich hören sollen. Bitte… hilf mir.“

Er fragte nur nach meinem Standort.

Er brauchte keine Details.

Die uralte Blutbande unserer Linie schrie meinen Schrecken zu ihm über die Meilen.

In dem Moment, als ich seine Stimme hörte, brach ich völlig zusammen.

Ein Sturm aus Reue, Erleichterung und Trauer überrollte mich.

Weniger als fünfzehn Minuten später schwebte bereits ein Hubschrauber über mir.

Ein Team professioneller Werwolf-Mediziner stürmte heraus.

Sie hoben mich auf eine Trage und verluden mich in den Hubschrauber, der eine voll ausgestattete mobile medizinische Einheit war.

Sie begannen sofort, das Baby zur Welt zu bringen.

Ich sah das Blitzen chirurgischer Instrumente über mir.

Selbst mit der Narkose konnte mein von Silber verwüsteter Körper jeden scharfen, reißenden Schmerz spüren.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erstarrten plötzlich die Hände des Arztes.

„Es tut mir leid, Frau Sterling. Wir haben alles getan, was wir konnten… Der Welpe war zu klein. Die Silbervergiftung war zu schwerwiegend…“

Nach der Operation wurde ich zu der privaten Insel meines Vaters im Nordatlantik geflogen.

Unter Aufbietung all seiner Ressourcen beschwor mein Vater uralte Rudelmagie, erschuf ein Simulakrum – eine nahezu perfekte Nachbildung meines Körpers – und platzierte es vor dem Silberkäfig.

Das war der Körper, den Damien gefunden hatte.

Zurück im Territorium meiner Familie schloss ich mich in meinem Zimmer ein.

Als die Dunkelheit hereinbrach, verkroch ich mich unter der Decke und weinte leise.

Mein innere Wölfin heulte, und die überwältigende Trauer, meinen Welpen verloren zu haben, verschlang mich.

Bei allem, was ich getan hatte, konnte ich mein Baby immer noch nicht retten.

Die Silbervergiftung war eine Folter für mich, eine ausgewachsene Wölfin. Welche Chance hatte mein ungeborener Welpe? Er war so klein, so zerbrechlich.

Das Baby war einfach zu klein. Es konnte den Schaden nicht überleben.

Er muss mich hassen. Ich habe ihn im Stich gelassen. Ich war eine Versagerin als Mutter.

Ich war schwach.

Ich konnte ihn nicht beschützen.

Ich konnte ihm keinen Vater geben, der ihn verdient hätte…

Der Schmerz in meinem Herz war erstickend.

Ich weinte, bis ich keine Tränen mehr hatte.

Dann gingen plötzlich die Lichter in meinem Zimmer an.

Ich wischte mir verzweifelt die Tränen ab.

„Elena, meine kleine Wölfin.“

Es war mein Vater.

Seine tiefe, magnetische Stimme erfüllte mich mit einem Gefühl von Sicherheit – die Wärme eines wahren Alpha-Beschützers.

„Der Tod des Welpen war nicht deine Schuld. Du hast alles getan, was eine Mutter tun konnte.“

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