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Mein Gefährte wählte die Macht
Mein Gefährte wählte die Macht
Author: Lilly B

Kapitel 1

Author: Lilly B
Annas Perspektive

Unter dem mitfühlenden Blick des Arztes schluckte ich starke Schmerzmittel.

Der Countdown zu meinem Tod? Drei Tage.

Ich ging in die VIP-Station im obersten Stockwerk. Mein Vater schnitt gerade Obst für Jane, während meine Mutter mit ihr einen Film schaute.

Als ich die Tür öffnete und hereinkam, verschwand die fröhliche Stimmung augenblicklich.

„Hast du heute Morgen nicht noch gesagt, dass du schwer krank bist und bald sterben wirst? Was ist los? Weil niemand auf deine Lüge reagiert hat, schikanierst du jetzt wieder Jane?“

„Anna, von nun an werden dein Vater und ich Jane nicht mehr aus den Augen lassen. Du wirst sie nicht mehr schikanieren!“

Meine Mutter sprach mit eiskalter Stimme und hielt mich einen Meter vom Krankenbett entfernt, ohne mich näher kommen zu lassen.

„Wir, die Familie Smith, sind Adlige des Rudels des untergehenden Mondes. Wir haben strenge Erziehungsmethoden und werden von allen respektiert. Aber du bist jähzornig, neidisch und hast dich sogar krank gestellt, um Jane das Allheilmittel zu entreißen! Hätte ich gewusst, dass du so egoistisch bist, hätte ich dich lieber nie zur Welt gebracht!“

Auch mein Vater stellte sich vor das Krankenbett und beschützte es wie eine Henne ihre Küken.

Hinter ihnen streckte Jane mir die Zunge heraus und grinste mich provokativ an.

Ich lächelte bitter, denn ich hörte diese Worte nicht zum ersten Mal. Jedes Mal zuvor war ich aufgesprungen und hatte lautstark protestiert, dass ich Jane nicht schikaniert hätte, und wollte Janes Heuchelei aufdecken.

Aber dafür erntete ich nur Misstrauen und Abneigung von meinen Eltern. Und unsere familiäre Bindung wurde immer schwächer.

Aber jetzt wollte ich keine Erklärungen mehr abgeben. Ich würde bald sterben, da spielte die Wahrheit keine Rolle mehr.

„Trotzdem gut, dass du gekommen bist. Das erspart mir, dich anzurufen. Ich wollte dich nämlich gerade wegen etwas sprechen“, sagte mein Vater mit seinem üblichen kalten Gesichtsausdruck.

„Ich habe euch auch etwas zu erzählen“, sagte ich lächelnd, um die Stimmung aufzulockern.

„Jane wollte doch schon immer meine Pelzfirma, oder? Ich habe darüber nachgedacht und da wir eine Familie sind, werde ich sie ihr schenken.“

Meine Eltern, die mir gerade noch mit kalten Blicken begegnet waren, erstarrten augenblicklich, sahen sich an und schauten mich dann an.

„Meinst du das ernst? Gibt es auch keinen Haken an der Sache? Oder hast du irgendwelche Bedingungen?“

Sie dachten offensichtlich, ich würde einen Scherz machen.

Ich lächelte bitter, weil ihre erste Reaktion auf meinen Vorschlag war, dass ich wahrscheinlich einen Hintergedanken hatte. Ich konnte ihnen ihre Vorsicht allerdings nicht verübeln.

Jane wollte schon seit langem die Pelzfirma haben, die ich mit eigener Hand aufgebaut hatte. Sie hatten oft mit mir darüber gesprochen, dass ich Jane die Pelzfirma überlassen sollte.

Ich hatte mich jedoch immer hartnäckig geweigert und jedes Gespräch darüber hatte mehr als unangenehm geendet.

Unsere familiären Beziehungen wurden durch die vielen Verhandlungen immer mehr strapaziert.

Aber jetzt, wo ich sterben würde, hatte es keinen Sinn mehr, die Firma noch zu behalten.

„Warum nicht gleich so?“, sagte mein Vater erleichtert und sah mich mit viel wohlwollenderen Augen an.

Auch meine Mutter kam zu mir, nahm meine Hand und sagte: „Endlich bist du erwachsen geworden und verstehst, wie du dich verhalten musst. Auch wenn du das Unternehmen gegründet hast, hat Jane an der Werwolf-Universität in den Fächern Finanzwesen und Management die besten Noten erzielt. Mit ihr an der Spitze wird das Unternehmen sicherlich zum führenden Pelzunternehmen im ganzen Land aufsteigen.“

Ich nickte schweigend und übergab Jane den Vertrag zur Übertragung des Unternehmens.

Als sie meine Unterschrift unter den Dokumenten sah, sah Jane zwar immer noch überrascht aus, aber als ich nicht hinsah, lächelte sie mich triumphierend an.

Den Kampf um die Zuneigung meiner Familie hatte ich verloren.

„Trink etwas Wasser, du bist sicher durstig.“

Meine Mutter brachte mir liebevoll ein Glas warmes Wasser und streichelte mir lächelnd über den Kopf.

Mir kamen fast die Tränen. Warum war meine Mutter nur dann so warmherzig zu mir, wenn ich mich für Jane einsetzte?

Ich hätte gerne erfahren, ob meine Mutter und mein Vater es bereuen würden, dass sie sich mir gegenüber so kalt verhalten hatten, wenn ich dann letztendlich sterben würde. Denn dann würden sie erkennen, dass Jane gar nicht so gutherzig war.

Als ich aus dem Krankenhaus nach Hause kam, saßen mein Sohn und mein Gefährte Leo gerade zusammen beim Essen.

„Papa, deine Champignoncremesuppe ist wirklich lecker.“

„Deine Patentante mag sie auch. Nach dem Essen bringen wir ihr etwas davon vorbei.“

Die beiden, die zuvor noch fröhlich miteinander geplaudert hatten, wurden plötzlich ernst, als sie mich sahen.

„Warum bist du zurückgekommen?“

Leo legte seine Essstäbchen beiseite und sah mich verwirrt an. Der Anblick des reichhaltigen Essens auf dem Tisch tat mir in den Augen weh.

Mark sah mich mit distanziertem Blick an, als würde er eine Fremde ansehen.

Ich erfuhr auch zum ersten Mal, dass Leo kochen konnte. Und das sogar ziemlich gut.

Als ich damals mit meiner Arbeit und dem Kochen für meine Familie beschäftigt war, beschwerte Leo sich immer über meine Kochkünste und sagte jedes Mal, dass mein Essen ihm nicht so schmeckte.

Sogar Mark verachtete mich als Mutter. Ich hatte mich abgerackert, um Geld für die Familie zu verdienen, und mich sogar noch um den Haushalt gekümmert. Aber am Ende respektierte mich niemand.

Früher hätte ich mich bei einem solchen Verhalten von meinem Gefährten und meinem Sohn aufgeregt und gefragt, warum ich nicht zurückkommen dürfe und warum sie mich mit kalten Blicken bedachten, sobald ich zurückkam. Aber jetzt reagierte ich nicht mal auf ihre Worte und begann einfach, meine Sachen zusammenzupacken.

Als Leo sah, dass ich nichts sagte, kam er nach kurzem Zögern zu mir. „Anna, ich möchte etwas mit dir besprechen.“

Er schien realisiert zu haben, dass er übertrieben hatte, und sprach mit gedämpfter Stimme: „Deine Schwester Jane hat gerade mit ihrer Behandlung begonnen. Das rote Allheilmittel wird sie möglicherweise depressiv machen. Damit Jane gute Laune bekommt und sich besser erholt, wollen eure Eltern, dass Jane und ich eine Markierungszeremonie abhalten. Sie hoffen, dass sie das aufheitern wird.“
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