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Kapitel 2

Weißer Sand
Vanessas Frage hallte unablässig in meinen Ohren wider.

Wie lange es noch dauern würde, bis sie mich ersetzt hätte? Dabei hatte sie mich doch längst ersetzt!

Der Schmerz schnürte mir die Kehle zu. Ich brachte kein einziges Wort zu meiner Verteidigung heraus.

In diesem Moment rappelte sich Vanessa mühsam vom Boden auf, kniete sich vor mich und warf sich immer wieder zu Boden. „Es tut mir leid, Lena! Ich hätte nie gedacht, dass du so wütend wirst, weil die Brüder mir eine Geburtstagsfeier geschenkt haben. Es ist alles meine Schuld. Du hast mich gerade aufgefordert, wie ein Hund aus der Villa zu kriechen – ich tue es, ich verspreche es! Bitte mach es mir nicht noch schwerer. Und bitte brich den Brüdern nicht das Herz.“

Damit machte sie Anstalten, auf allen Vieren aus dem Zimmer zu kriechen.

Die Gesichter der drei Richter-Brüder wechselten zwischen leichenblass und zornrot. Ihre Blicke bohrten sich wie Flammen in mich.

Ich zitterte leicht und öffnete den Mund, doch als ich den Hass in ihren Augen sah, überkam mich nur noch Trostlosigkeit. Denn ich wusste: Egal was ich sagte – sie würden mir nicht glauben.

Es war fast Mitternacht, doch in der riesigen Villa herrschte reges Treiben.

Das beste Ärzteteam der Stadt hatte sich um Vanessa versammelt, um sie zu untersuchen. Die drei Brüder standen angespannt daneben.

Ich stand etwas abseits. Die Schmerzen in meinem Kopf drohten mich zu zerreißen, als würde ein Dolch in meinem Gehirn wühlen. Ich konnte mich kaum aufrecht halten.

Mit zusammengebissenen Zähnen ging ich auf einen renommierten Neurologen zu. „Doktor, ich … mir tut der Kopf weh.“

„Lena, kannst du nicht einmal Rücksicht nehmen? Die Ärzte sind wegen Vanessa hier! Mach ihnen keine Umstände!“

„Mitten in der Nacht müssen die Professoren anrücken, nur um dein Chaos zu beseitigen.“

Jans Stimme troff vor Vorwürfen. Als ich mich nicht rührte, kam er zu mir, packte meinen Arm und schob mich in mein Zimmer. Dann schloss er die Tür fest hinter mir ab.

Die Schmerzen waren so stark, dass ich kaum gehen konnte. Ich kroch förmlich zum Nachttisch, wühlte die Schmerzmittel hervor, schüttete mir eine Handvoll in den Mund, zerkaute sie und schluckte.

Die Bitterkeit breitete sich auf meiner Zunge aus – und in meinem Herzen.

Nach dem Unfalltod meiner Eltern war ich mit meinen Großeltern in diese Stadt gezogen. So wurden wir Nachbarn der drei Richter-Brüder.

Sie waren ein paar Jahre älter als ich und nahmen mich überallhin mit, kümmerten sich liebevoll um mich.

Als meine Großeltern nacheinander starben, übernahmen sie freiwillig die Verantwortung für mich.

Damals war ich neunzehn. Um sich besser um mich kümmern zu können, ließen sie die beiden Villen miteinander verbinden und renovierten alles nach meinem Geschmack.

Wir vier schienen die engsten Menschen auf der Welt zu sein. Doch all das zerbrach an dem Tag, als Vanessa auftauchte.

Es war ein ganz gewöhnlicher Tag, als Vanessa vor unserer Haustür zusammenbrach. Sie sah so mager und erbärmlich aus, dass ich sie hereinholte.

Und genau an diesem Tag ignorierten die drei Brüder mich, sobald sie sie erblickten. Von da an schenkten sie ihr all ihre Zuneigung.

Als wäre sie aus dem Nichts aufgetaucht, nur um die Liebe der drei Richter-Brüder an sich zu reißen.

Die Schmerzmittel begannen zu wirken. Ich stemmte mich hoch, um mich aufs Bett zu legen, doch in diesem Moment wurde die Tür mit einem Knall aufgetreten.

Niklas und Christian stürmten wutentbrannt herein und warfen mir einen Stapel Papiere entgegen.

Bevor ich mich fassen konnte, prasselten ihre Beschimpfungen auf mich ein.

„Ich verstehe nicht, wie du so eifersüchtig sein kannst! Kaum sind wir aus dem Haus, schlägst und beschimpfst du Vanessa!“

„Du hast Vanessa so lange gemobbt, dass sie jetzt Depressionen hat! Lena, ich hätte nie gedacht, dass du so boshaft bist!“
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