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Kapitel 2

Sumi
ASHANTIS PERSPEKTIVE

Seit der Moment, in dem Rhea, Conrad und ich das Büro betraten und dem Beta des Lunar-Crescent-Rudels gegenübertraten, herrschte eine unheimliche, spannungsgeladene Stille.

Alle verhielten sich tadellos – selbst meine Stiefmutter, die sonst nie wusste, wann sie besser schwieg. Auch mein Vater war ungewöhnlich still und äußerte sich nur, wenn der Lykan-Beta es erlaubte. In seiner Gegenwart und der seiner Soldaten waren Respekt und Zurückhaltung oberstes Gebot.

Die Stimmung im Raum war zum Zerreißen gespannt.

„Alpha Anderson“, donnerte die Stimme des Betas durch den Raum, und alle Blicke richteten sich auf ihn. Mein Herz klopfte heftig.

„Ja, Beta Ronald“, antwortete mein Vater mit einer tiefen Verbeugung, und ich musste mich zusammenreißen, um nicht mein Gesicht zu verziehen.

Es war befremdlich, meinen Vater so unterwürfig gegenüber einem Beta zu sehen – anstatt selbst als Anführer aufzutreten.

„Sind alle, die zu diesem Treffen erscheinen sollten, anwesend?“, fragte Beta Ronald ruhig, aber mit der unmissverständlichen Autorität eines Mannes, dem niemand widersprach.

Wenn mich schon der Beta der Lykaner so einschüchterte – wie würde es erst sein, dem Alpha gegenüberzustehen?

Ich hoffte inständig, dieser Tag würde nie kommen.

„Ja, Beta. Wir sind vollständig“, bestätigte mein Vater devot.

„Gut. Ich komme ohne Umschweife zum Punkt.“ Prüfend ließ er seinen Blick durch den Raum schweifen. Ich achtete peinlich darauf, ihm nicht in die Augen zu sehen. „Ich bin hier, um das Concordat-Ritual zu vollstrecken.“ Bei diesen Worten geriet mein Inneres völlig durcheinander.

Das Concordat-Ritual.

Ich kannte es nur aus den Geschichten älterer Rudelmitglieder – dass die Lykaner alle paar Jahre verschiedene Rudel besuchten, um Mädchen für ihren Harem auszuwählen. Angeblich war dieses Ritual abgeschafft worden, nachdem der Vater des jetzigen Alphas gestorben war. Alle hatten gedacht, Alpha Reagan hätte mit dieser Tradition gebrochen.

„Eurem Rudel ist die Ehre zuteilgeworden, junge Frauen für das Ritual bereitzustellen.“ Ich warf Rhea einen Blick zu. Sie sah genauso verstört aus wie ich.

Was bedeutete das für uns?

„Wenn Sie eine Tochter aus diesem Haushalt brauchen“, meldete sich meine Stiefmutter plötzlich, „stellen wir Ihnen gerne unsere älteste Tochter Ashanti zur Verfügung. Sie ist eine hervorragende Kandidatin: klug, tapfer, mit hervorragenden Schulleistungen und erstklassigen Kampffähigkeiten. Jeder im Rudel weiß, dass sie ein Genie ist. Sie ist eine Tochter, auf die ich sehr stolz bin.“ Meine Stiefmutter pries mich überschwänglich an, doch ihr Lächeln war eiskalt.

Ich war fassungslos, wie gekonnt sie die Wahrheit verdrehte.

Sie war eine exzellente Schauspielerin.

Ich sah, wie Rhea das Gesicht verzog. Bis auf den angeblichen Stolz war alles wahr.

Aber die Wahrheit schmerzte meine arme kleine Halbschwester genug. Meine Stiefmutter hatte immer wieder versucht, mit Lügen zu beweisen, dass Rhea die Klügere sei – obwohl die Fakten klar dagegen sprachen.

Mir war klar, sie stellte mich nur für den Lykan-Beta ins beste Licht, um mich loszuwerden – wie sie es sich schon immer gewünscht hatte.

Alle wussten, das Concordat war kein ehrenhaftes Ritual, auch wenn niemand wagte, das laut auszusprechen. Ein ausgewähltes Mädchen brachte dem Rudel Reichtum und Schutz – aber es diente dann den Männern des Lunar-Crescent-Rudels. Alle wussten, was das bedeutete. Wer sich weigerte, riskierte großes Unglück für sein Rudel.

„Wer ist Ashanti von euch beiden?“, fragte der Beta, und meine Stiefmutter deutete eilig auf mich.

„Die mit dem schwarzen Haar. Das ist meine wunderbare Ashanti.“ Mir wurde ganz schummrig, als der Beta mich ansah. Es fühlte sich an, als würden meine Eingeweide aus dem Körper rutschen.

„Hmmm“, murmelte er, und ich atmete erleichtert aus, als sein Blick von mir abglitt – hinüber zu Rhea.

„Und was ist mit ihr?“, fragte er und nickte ihr zu. Die Gesichtsfarbe meiner Stiefmutter schwand.

„Sie... äh...“, stammelte sie nervös. Suchend blickte sie zu meinem Vater, doch der hielt den Blick starr auf den Beta gerichtet.

„Ich habe meinen Gefährten bereits gefunden“, platzte Rhea heraus, und ich starrte sie entsetzt an. Ihr Ausdruck war todernst.

Was für einen Gefährten?

Sie hatte doch niemanden!

Noch nicht!

„Hast du?“, fragte der Beta leise und musterte sie eindringlich. Sie nickte.

„Ja, habe ich. Der Mann dort“, erklärte sie und deutete auf Conrad. Mir blieb das Herz stehen. „Sein Name ist Conrad – er ist mein Gefährte.“ Keuchen und tuschelnde Stimmen erfüllten den Raum. Jeder wusste, dass ich Conrads Freundin war.

Rhea hatte schon viele gewagte Dinge getan – aber das war der Gipfel.

Sie hatte den Lykan-Beta belogen. Ein Verstoß, der mit dem Tod endete, wenn es herauskam!

Während die Ältesten leise flüsterten, fiel mein Blick auf Conrad. Für einen Moment schien er nervös, dann war sein Gesicht wieder starr. Der Gesichtsausdruck meiner Stiefmutter wechselte von Beklommenheit zu Erleichterung und Stolz. Sicherlich gratulierte sie Rhea innerlich zu dieser List.

Mein Vater hingegen blieb ausdruckslos.

Obwohl es um die Sicherheit des Rudels ging, setzte er sich kein einziges Mal für mich ein.

Ich schaute wieder zum Beta. Er musterte Rhea mit durchdringendem Blick. Ich wünschte, er könnte Gedanken lesen – damit er ihre Lüge durchschaute.

„Ich sehe kein Mal an deinem Hals – das ist ein eindeutiges Zeichen dafür, dass ihr euch noch nicht verbunden habt. Warum eigentlich nicht, wo ihr beide doch längst im richtigen Alter seid?“ Im Raum herrschte eisiges Schweigen.

Meine Stiefmutter wirkte, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen; Conrad schien sich am liebsten in Luft auflösen zu wollen.

„Wie dem auch sei...“, unterbrach Beta Ronald abrupt die Stille, als wolle er das Thema beenden. „Wir haben bereits Vorkehrungen getroffen, um...“

Ich konnte das nicht ertragen. Ich hatte immer geglaubt, dagegen anzukämpfen bringe nichts – aber mich öffentlich zur Witzfigur zu machen, war zu viel.

„Er konnte sie nicht markieren, weil er die letzten zwei Jahre mit mir zusammen war!“, warf ich ein und sah Conrad tödlich an, dessen Augen sich erschrocken weiteten.

Meine Worte waren bestimmt und unmissverständlich. Die Augen des Betas funkelten vor Überraschung. Ich hatte gerade ein enormes Fass aufgemacht.
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