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Kapitel 2

Author: Anonym
Es war ein Schwangerschaftsuntersuchungsbericht, und der Name der Schwangeren war Julia Sommer!

Die Schwangerschaftsdauer ließ mir den Boden unter den Füßen wegsacken.

Deutlich stand dort geschrieben: Dritte Schwangerschaftswoche!

Das bedeutete, Felix hatte bereits vor einem Monat mit Julia die künstliche Befruchtung durchgeführt.

Von Anfang an hatte er nie vorgehabt, mit mir darüber zu sprechen oder meine Zustimmung einzuholen.

Warum also hatte Felix mich diesen ganzen Monat lang unermüdlich gefragt?

Um sein Gewissen zu beruhigen? Was war ich, Anna Schreiber, für ihn überhaupt?

Alle Kraft wich aus meinem Körper, und ich sank auf den Boden.

Mein Herz fühlte sich an, als würde es von einer riesigen Faust zusammengepresst, ich bekam keine Luft mehr.

Kein Wunder, dass Felix vorhin vor Freude gestrahlt hatte und nach dem Telefonat sofort verschwunden war.

Er wusste, dass die künstliche Befruchtung erfolgreich war, Julia war schwanger.

Wahrscheinlich war er bereits im Krankenhaus und feierte mit ihr.

Ich schloss schmerzerfüllt die Augen, endlose Trauer breitete sich in mir aus.

Ich konnte nicht fassen, dass der Mann, den ich so viele Jahre geliebt hatte, nun der Vater des Kindes einer anderen Frau wurde.

Vor gerade einmal zwei Monaten hatte er meinen Heiratsantrag angenommen, nächsten Monat sollte die Hochzeit stattfinden, sogar das Brautkleid und das Hotel hatte ich längst reserviert.

Ich hatte mich so auf den Hochzeitstag gefreut, darauf, an Felix' Arm in die Ehe zu schreiten.

Doch jetzt waren all diese Erwartungen wie Seifenblasen zerplatzt, in der Luft verschwunden.

Das Vibrieren meines Handys holte mich aus meinen Gedanken.

Automatisch nahm ich ab.

Die klare Stimme meiner Seniorkollegin erklang.

„Anna, ich weiß, du heiratest bald, aber ich möchte dich trotzdem noch einmal fragen: Willst du es dir nicht doch überlegen und zu uns ins Labor kommen?“

„Du bist die begabteste Studentin des Professors, er hofft immer noch, dass du ihm helfen kommst.“

„Da du bald eine Familie gründest, sagt der Professor, er könnte dir eine Sonderregelung gewähren: zwei Monate im Labor, dann zwei Wochen Pause, so hättest du Zeit mit deinem Mann.“

Von dem neuen Labor des Professors in der Hauptstadt wusste ich seit einem halben Jahr.

Er hatte mich persönlich angerufen und eingeladen, in seinem Labor zu forschen.

Doch wer ins Labor ging, durfte keinen Kontakt zur Außenwelt haben, erst nach Abschluss eines Forschungsprojekts konnte man wieder gehen.

Das konnte ein bis zwei Monate dauern, aber auch ein bis zwei Jahre.

Ich wollte nicht so lange von Felix getrennt sein, noch weniger konnte ich ertragen, keinen Kontakt zu ihm zu haben.

Also hatte ich die Einladung des Professors abgelehnt.

Doch jetzt schwebte mir unwillkürlich der Schwangerschaftsbericht vor Augen.

Felix war bereits Vater eines fremden Kindes geworden.

Da er unsere Beziehung und die bevorstehende Hochzeit nie in Betracht gezogen hatte, gab es keinen Grund mehr zu heiraten.

Unbewusst umklammerte ich das Handy fester.

„Ich komme ins Labor. Keine Pausen nötig, ich arbeite nach dem normalen Forschungsplan.“

Die Seniorkollegin klang überrascht und erfreut.

„Das ist wunderbar! Der Professor wird sich riesig freuen.“

„Wann kannst du kommen? Wie wäre es eine Woche nach der Hochzeit, dann könntest du noch in die Flitterwochen fahren.“

Ich antwortete leise: „Nicht nötig, am Hochzeitstag.“

Mein Blick fiel auf den Kalender auf dem Tisch.

Der zehnte des nächsten Monats war mit rotem Marker dick eingekreist.

Ursprünglich sollte er mich daran erinnern, wie viele Tage noch bis zur Hochzeit blieben, um alles zu organisieren.

Jetzt war es der Countdown für meinen Abschied von Felix.

Noch fünfzehn Tage.

Ein letzter Aufschub für über zwanzig Jahre Gefühle.

In fünfzehn Tagen würden Felix und ich uns nie wiedersehen.

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