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Kapitel 3

Author: Anonym
Felix kam in dieser Nacht nicht nach Hause, und ich rief ihn auch nicht an, um zu fragen, wo er war.

Ich hatte es bereits in Julias Freundeskreis gesehen.

Nach dem Krankenhaus waren sie direkt zu Julias Familie gefahren, um die Schwangerschaft zu verkünden.

Auf dem Foto hielt Julias Großmutter liebevoll Felix' Hand und sprach mit ihm, während er mit der anderen Hand zärtlich über Julias Bauch strich und sanft lächelte.

In unseren fünf gemeinsamen Jahren war Felix nur einmal mit mir zu meinen Eltern gefahren, nachdem er meinen Heiratsantrag angenommen hatte.

Obwohl unsere Familien nur eine halbe Autostunde voneinander entfernt wohnten, war er vorher nie von sich aus gekommen.

Er sagte, er fühle sich unwohl in Gegenwart von älteren Menschen.

Selbst bei diesem einen Besuch war er nur höflich und distanziert gewesen, ganz anders als auf dem Foto mit der Familie Sommer, wo er so herzlich wirkte.

Ich unterdrückte die Bitterkeit in mir und schaltete das Handy aus.

Am nächsten Tag traf ich mich mit einigen Freunden und teilte ihnen mit, dass die Hochzeit abgesagt war.

Damals hatte Felix gesagt, er möge keine Hochzeiten, für ihn seien das nur bedeutungslose Formalitäten.

Nur auf mein Drängen hin hatte er widerwillig einer kleinen Feier zugestimmt, nur mit den engsten Freunden und der Familie.

Alle kannten meine Gefühle für Felix, deshalb waren meine Freunde schockiert über die Absage.

„Du bist ihm doch schon so viele Jahre hinterhergelaufen, und jetzt, wo du diese unnahbare Person fast erobert hast, gibst du auf?“

Bitterkeit breitete sich in meinem Herzen aus.

Aufgeben? Natürlich fiel es mir schwer.

Zwanzig Jahre lang war ich Felix gefolgt, bis er endlich zugestimmt hatte, mich zu heiraten.

Wie könnte es leicht sein, diese zwanzigjährigen Gefühle loszulassen?

Doch eigentlich war diese Beziehung von Anfang an ungleich gewesen.

Denn ich war es immer, die Felix' Spuren folgte.

Er hatte nie innegehalten.

Ursprünglich hatte mich das nicht gestört. Ich dachte, wenn ich zwanzig Jahre brauchte, um ihn zur Heirat zu bewegen, dann würde ich auch irgendwann wirklich in sein Herz vordringen. Es war nur eine Frage der Zeit.

Nach der Hochzeit hätten wir noch viele Jahre vor uns, ich konnte warten, bis er mir sein Herz vollständig öffnete.

Doch seit vor einem halben Jahr Julia, seine sogenannte Lebensretterin, aufgetaucht war, hatte sich alles verändert.

Erst da erkannte ich, dass Felix nicht zu allen Menschen kalt und distanziert war.

Bei Julia war er immer sanft und liebevoll, während er mir gegenüber kaum lächelte.

Damals tröstete ich mich damit, dass Julia ihm das Leben gerettet hatte.

Er wollte nur seine Dankbarkeit zeigen.

Doch als bei Julia Krebs diagnostiziert wurde, stimmte er tatsächlich zu, mit ihr ein Kind zu zeugen!

Noch schlimmer: Er tat so, als würde er meine Zustimmung einholen, während er heimlich längst die künstliche Befruchtung durchgeführt hatte.

In diesem Moment wurde mir klar, dass Felix und ich keine gemeinsame Zukunft hatten.

Auch wenn es schwerfiel, zwanzig Jahre Gefühle abzuschneiden, musste ich es tun.

Ich erzählte meinen Freunden nicht den wahren Grund, sondern nur, dass ich bald ins Labor gehen würde und nur noch selten Kontakt zur Außenwelt haben könnte.

Als Entschuldigung blieb ich mit ihnen bis spät in die Nacht.

Als ich nach Hause kam, war Felix gerade ebenfalls eingetroffen.

Er roch den Alkohol an mir, runzelte die Stirn und wich einige Schritte zurück, hielt sich eine Hand vor Mund und Nase, der Ekel in seiner Stimme war unüberhörbar.

„Bleib mir vom Leib, ich will nicht nach Alkohol riechen.“

Ich lächelte selbstironisch.

Wahrscheinlich hatte er Angst, der Alkoholgeruch könnte Julia stören.

Schließlich war sie jetzt schwanger.

Seine Worte waren so offensichtlich, er versuchte nicht einmal, es zu verbergen.

Da er es nicht direkt ansprechen wollte, würde ich es auch nicht tun.

Ohne ein weiteres Wort ging ich duschen.

Als ich herauskam, tippte Felix eifrig auf seinem Handy herum, ein Lächeln in den Augen.

Nach einem kurzen Blick wollte ich ins Schlafzimmer gehen.

Doch plötzlich hielt er mich auf.

„Ich muss etwas mit dir besprechen.“

Ich blieb stehen.

Das letzte Mal hatte ich diese Worte vor einem Monat gehört, als er zum ersten Mal vorschlug, mit Julia ein Kind zu zeugen. Danach hatten wir einen Monat lang gestritten.

Jetzt war Julia bereits schwanger. Was blieb da überhaupt noch zu klären?

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