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Kapitel 3

Author: Reisnudel
Am nächsten Morgen war Emma vor dem Sonnenaufgang wach.

Getrennte Schlafzimmer – das war von Anfang an die Regel.

Erstens: Luca hatte sie nie wirklich akzeptiert.

Zweitens: Seine übertriebene Reinlichkeit duldete keinen Zutritt zu seinem Reich.

Nach dem Duschen steuerte sie direkt die Anwaltskanzlei ihrer Freundin Leonie Köhler an.

Leonie hörte schweigend zu, bis alles erzählt war.

„All deine Fürsorge… war also nur Vertragserfüllung?“

Emma nickte stumm.

Leonie ließ die Luft entweichen: „Die ganzen Schlagzeilen… sie haben mir Leid getan. Jetzt, wo ich den Vertrag kenne… das nimmt mir meine Bedenken.“

Dann, schärfer: „Warum kommst du? Scheidungspapiere?“

Ein bitteres Lächeln huschte über Emmas Lippen: „Wir haben nie standesamtlich geheiratet. Ich brauche eine Sorgerechtsverzichtserklärung.“

Leonie riss die Augen auf: „Wer weiß nicht, dass du Ben vergötterst?! Du willst das Sorgerecht aufgeben?!“

Emmas Augen wurden feucht, doch ihre Stimme blieb Stahl: „Entwurf. Jetzt.“

Leonie gehorchte wortlos.

Minuten später hielt Emma das Dokument in der Hand.

Sie griff es fest, dann verließ sie das Büro.

Leonie sah ihr nach, doch alles, was sie empfand, war eine tiefe Traurigkeit.

Als sie ging, rief Leonie hinterher:

„Emma! Fünf Jahre reichten nicht, um sein Herz zu erwärmen. Gib diese Wärme jetzt dir selbst.“

Emma stockte. Ein gequältes Lächeln. „Ja. Das werde ich.“

...

Kurz nach zehn betrat sie die Villa. Die Eingangshalle leer, kalt.

Auf dem Esstisch: Das Frühstück. Steinhart. Eiskalt.

Sie wärmte Pfannkuchen und Rührei auf. Routine. Dann stieg sie treppauf – zu Lucas Zimmer.

Dreimal klopfen. Immer. Seine Regel.

Beim ersten Schlag schwang die Tür auf.

Luna reckte sich gähnend. Als sie Emma erblickte, blieb ihr Gesichtsausdruck unerschütterlich gelassen.

„Ich brauche Lucas Badezimmer mal kurz – irgendwie zieht’s mir heute Morgen höllisch im Kreuz.“

Emmas Gesicht war kreidebleich. Gerade als Luna sie weiter provozieren wollte, trat Luca im Schlafanzug heraus.

„Luna, wer klopft da? Ist es Ben?“

Emmas Blick glitt zu Lucas Hals – übersät mit feinen roten Kratzspuren.

Ein bitteres Lächeln glitt über ihre Lippen.

Fünf Jahre verheiratet, und keine einzige intime Berührung.

Sie dachte, er hätte einfach kein Interesse an Intimität. Jetzt wurde klar: Nur an ihr hatte er keines.

Als Luca Emma erkannte, schoss Panik in seine Augen. Hastig zog er den Kragen hoch.

„Luna hat nur meine Powerbank geliehen, Emma. Denk nichts Falsches“, stammelte er.

Emma prustete leise. Die beiden hätten ihre Lügen wenigstens absprechen sollen.

Doch sie schwieg, verkündete nur „Frühstück ist fertig“ und ging hinunter.

Diese Ehe war eh nur ein Geschäft. Wen Luca küsste, ging sie nichts an.

Sie musste nur noch sieben Tage ausharren. Dann würde sie für immer verschwinden.

Erst fünf Minuten später betraten alle drei die Küche.

Ben starrte missmutig auf die Pfannkuchen: „Die sind aufgewärmt! Eklig! Mama, mach mir jetzt Burger!“

Luca versuchte zu besänftigen: „Ben, Mama hat extra gekocht. Iss das heute, Burger gibt’s morgen.“

„Nein! JETZT!“

Gerade als Luca streng werden wollte, mischte sich Luna ein: „Frau Schmidt, ich hörte, Ihre Burger sind legendär. Darf ich dieses Vergnügen auch haben?“

Plötzlich wechselte Lucas Ton: „Na, wenn alle Burger wollen, Emma, dann mach jetzt welche.“

„Unmöglich.“

Emma biss in ihren Pfannkuchen, ohne aufzublicken.

„Wollt ihr Burger? Könnt selbst welche machen. Diese Pfannkuchen hab ich um fünf Uhr morgens gemacht.

„Mag sie keiner? Schmeißt sie halt weg.“
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