Share

Der Mond kam nie zu mir
Der Mond kam nie zu mir
Author: Reisnudel

Kapitel 1

Author: Reisnudel
„Frau Keller, ich möchte den Vertrag aufheben. Sie sagten damals, wenn Luca mich innerhalb von fünf Jahren nicht lieben würde, dann hätte der Vertrag keine Gültigkeit mehr.“

„Das stimmt. Aber habt ihr nicht Ben? Du liebst Ben doch so sehr. Könntest du wirklich ertragen, dass er eine andere Mutter nennt?“

„Absolut.“

Als Emma das sagte, vibrierte ihre Stimme vor Entschlossenheit. Kein Hauch von Zögern.

„Meine Ehe mit Luca war von Anfang an nur ein Geschäft. Dieses Kind war lediglich Teil des Vertrags.“

„Und jetzt, wo Luna zurück ist. Weder Luca noch Ben brauchen mich noch.“

Fünf Jahre, in denen ihre eigene Zuneigung gewachsen war – nur um immer wieder in Enttäuschung zu enden.

Frau Keller seufzte schwer, die Eskapaden ihres Sohnes vor Augen.

„Der Vertrag läuft noch sieben Tage. Unterschreib hier. In sieben Tagen gibt die Familie Keller dir deine Freiheit zurück.“

Ohne eine Sekunde zu zögern setzte Emma ihre Unterschrift unter den Vertrag.

Dann verließ sie, den Kopf hoch erhoben, das Haus der Kellers.

Kaum saß sie im Auto, piepste ihr Handy. Eine Nachricht vom Kindergarten. Ein Foto.

Darauf: Luca, sein Lachen so weit, dass es fast sein Gesicht sprengte. Sein Oberkörper – unverkennbar – lehnte sich zu Luna hinüber. Bens kleine Hand umklammerte Lunas Finger, dicht gedrängt, als fürchte er, sie könne sonst wegfliegen.

Und ihre Kleidung? Genau die Familien-T-Shirts, die Emma extra für Bens Sportfest gekauft hatte.

Nicht nur das Fest hatte Luna für sie übernommen. Selbst diese letzte, kleine Geste der Verbundenheit hatte sie Emma gestohlen.

...

Lucas und Lunas Liebe war einst ein gesellschaftliches Ereignis.

Er: Der Erbe eines Milliardärsimperiums. Sie: Ein aufstrebender Star, der die Uni abgebrochen hatte, um die Entertainment-Branche zu erobern.

Zwei Welten. Vereint durch Leidenschaft.

Doch als Lunas Karriere explodierte, beendete sie es. „Für meine Karriere“, lautete die knappe Erklärung.

Lucas Welt brach zusammen. Er versank in Alkohol. Selbstmordgedanken wurden zu ständigen Begleitern.

„KELLER-ERBE WOLLTE SICH FÜR LIEBE ERMORDEN!“ Die Schlagzeile dominierte noch in derselben Nacht die Trends.

Und genau in diesem Moment kämpfte Emmas Vater auf einem OP-Tisch um sein Leben. Die Rechnung? Ein Berg, der vor ihr aufragte.

Da klopfte Frau Keller an Emmas Tür.

Sie bot an: Die vollen Kosten. Sofort.

Die Gegenleistung? Emma heiratet Luca. Hilft ihm, zurück ins Leben zu finden. Fünf Jahre.

Kurz darauf stellte Frau Keller Emma Luca vor. Sie erwähnte die Heirat.

„Luca, würdest du Emma zur Frau nehmen?“

Beide Frauen hielten den Atem an. Eine Verweigerung seinerseits – und der Vertrag wäre nur noch Makulatur.

Doch Luca nickte. „ Wie ihr wollt“, murmelte er mit tonloser Stimme. „Wenn nicht sie… ist es mir auch egal wer.“

So begann es. Ein kühles Geschäft. Hätte es auch bleiben sollen. Doch Emma beging einen folgenschweren Fehler: In der täglichen Fürsorge für Luca, in der Stille der Nächte, verlor sie ihr Herz an ihn.

Luca? Blieb distanziert. Sein Blick glitt stets über sie hinweg.

Sogar die Eheurkunde? „Zu beschäftigt“, zögerte er sie hinaus. Immer wieder.

Bis zu jener Nacht. Luca taumelte gegen Mitternacht heim. Seine Augen, glasig und verloren, hefteten sich auf Emma.

„Lass uns ein Kind machen.“

Es wurde eine Nacht der Leidenschaft.

Sie dachte, es sei ein neuer Anfang. Erst später erfuhr sie: Luna hatte an genau diesem Tag ihren neuen Freund präsentiert.

Doch mit Bens Geburt taute Luca. Seine Kälte schmolz. Emmas Bemühungen stießen nicht mehr auf eine undurchdringliche Mauer.

Sie wagte zu hoffen. Bis Luna ihre Trennung bekannt gab.

Noch am selben Abend: Paparazzi-Fotos. Luca und Luna. Händchenhaltend am Flussufer. Schlagzeile: „VERSÖHNUNG?“

Der Kontakt riss nicht mehr ab. Luca brachte Luna sogar mit nach Hause.

Und ihr sonst so reservierter Sohn? Er verwandelte sich in Lunas Schatten.

Ein kleines Klammeräffchen, das ständig nach Luna verlangte.

Fotos tauchten auf. Immer mehr. Immer zu dritt.

Fünf Jahre lang – weil Luca Fotos „hasste“ – existierte fast kein einziges Bild von Emma und ihm gemeinsam.

Doch seit Luna kam? Kaufte er eine Profi-Kamera. Schnitt heimlich aufgenommene Bilder aus Klatschblättern aus. Heftete sie wie kostbare Reliquien ab.

Für Luna machte er stets eine Ausnahme.

Emma verstand endgültig: Egal, wie viel Zeit verging – seine Liebe würde sie nie gewinnen.

Sein Herz? Es schlug nur für Luna.

Aber auch das war nun egal. Denn alles hier? War nur ein Vertrag gewesen.

In sieben Tagen konnte sie dieses Haus der Demütigungen verlassen. Ihren Traum vom Schreiben im Ausland leben.

Bei diesem Gedanken griff sie zum Handy. Sie schrieb eine Mail an einen ausländischen Verlag. Ein Flugticket, gebucht für genau in sieben Tagen.

Endlich zuhause, steuerte sie ihren gewohnten Parkplatz an.

Doch im nächsten Moment besetzte ein anderes Auto die Parklücke. Am Steuer: Luna. Und auf dem Beifahrersitz? Ihr Ehemann. Ihr Sohn.
Continue to read this book for free
Scan code to download App

Latest chapter

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 21

    „Die Kellers sind vor zwei Jahren untergegangen“, erklärte Leonie. „Neue Firmen verdrängten sie, jetzt sind sie unbedeutender als kleine Betriebe. Die Geschäfte wurden veräußert.“Emmas Pupillen weiteten sich. Davon wusste sie nichts – seit dem Krankenhaus hatte sie jeden Kontakt zu Luca abgebrochen.Während des Essens jammerte Lea: „Papa, mir ist schlecht. Ich muss mich übergeben.“Max fühlte ihre Stirn – sie brannte. „Die Klimaumstellung hat sie erkältet“, sagte er besorgt.Emma stand sofort auf, um mit dem Kind ins Krankenhaus zu fahren.Nach fiebersenkenden Medikamenten schlief Lea in Emmas Armen ein – ein rührend zarter Anblick.In diesem Moment trat Luca aus der psychiatrischen Sprechstunde.Sechs Jahre hatten ihn gezeichnet. Sein Blick war matt, Erschöpfung durchfurchte sein Gesicht, einige weiße Strähnen durchzogen sein Haar.„Lange nicht gesehen“, sagte er mit gequältem Lächeln.„Lange nicht.“Wer hätte gedacht, dass sie sich so wiederbegegnen würden?Er betrachtete Lea. „Das

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 20

    Kaum waren diese Worte gesprochen, trafen die Polizisten ein.Luna wurde mit Handschellen abgeführt. Diesmal wehrte sie sich nicht – ihr Gesicht war aschfahl.Emma packte Lucas Hand, ihre Finger zitterten. „Luca, halt durch! Der Krankenwagen ist gleich da!“Mit letzter Kraft brachte Luca mühsam hervor: „Emma… es tut mir leid… das schuldete ich dir… mein Leben lang.“Zehn Minuten später wurde Luca in den OP gebracht.Nach stundenlanger Notoperation setzte sein Herzschlag wieder ein.Emma verschob ihre Rückreise um einige Tage. Sie pflegte Luca im Krankenzimmer – wie einst.Als Luca die Augen aufschlug, sah er Emma.Nachdem sie ihm Wasser gereicht hatte, fragte sie nach seinem Befinden.Doch Luca starrte sie nur an. Schweigend rannen seine Tränen auf das weiße Kissen.„Emma“, schluchzte er, „so friedlich beisammen… das ist lange her.“Emma antwortete nicht. Sie stand auf, um den Arzt zu holen.Luca rief ihrer weichenden Gestalt nach: „Danke.“„Ich… werde dich nicht mehr belästigen.“Sein

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 19

    Als Luca das hörte, wich alle Farbe aus seinem Gesicht. Nach Emmas Weggang war Ben sein Ein und Alles geworden.Ohne Ben hätte Luca vielleicht keinen Lebenswillen mehr gehabt. Und nun war Ben verschwunden!Emma hatte den Anruf mitgehört. Sie sah Luca an und sagte: „Keine Panik. Frag zuerst bei allen in deinem Umfeld nach, ob jemand das Kind abgeholt hat.“Luca griff sofort zum Telefon und rief alle durch.Doch niemand wusste etwas. Bis eine Nachricht eintraf:„Ich habe das Kind. Wenn es leben soll, keine Polizei. Bring fünf Millionen Euro Bargeld.“Dazu die Adresse eines verlassenen Fabrikgeländes.Mit zitternder Stimme sagte Luca zu Emma: „Ben... er wurde entführt.“Überraschung blitzte in Emmas Augen auf, doch sie blieb kühl: „Mach, was die Entführer verlangen. Ich komme mit.“Ben war schließlich ihr Sohn. Selbst wenn sie keinen Kontakt wollte, durfte ihm nichts geschehen.Mit dem Geld kamen sie in der verlassenen Fabrik an.Der Ort war abgelegen – selbst bei Alarm hätte die Polizei

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 18

    Nach Abschluss ihrer Geschäftsverhandlungen erblickte Emma beim Verlassen des Firmengebäudes sofort einen auffälligen Mercedes-Maybach.An das Auto gelehnt stand Luca.Emma war verblüfft; sie hatte niemandem von ihrem Termin erzählt.Doch Luca hatte sie dennoch hier gefunden.Sobald er sie sah, eilte er auf sie zu.„Emma, könnten wir reden?“Emma stieg trotzdem in Lucas Auto, denn sie fühlte, sie müsse ihm vieles klarmachen.Während der Fahrt wandte Luca ihr den Kopf zu: „Emma, ich habe gehört, du hättest jetzt eine eigene Romanagentur?“Emma nickte kühl. Unbeeindruckt fuhr Luca fort: „Wieso habe ich früher nie dein Interesse am Schreiben bemerkt?“Ein höhnisches Lächeln umspielte Emmas Mund. „Weil es dich nicht kümmerte. Du wolltest nichts von mir wissen – also kanntest du meine Vorlieben nicht.“Lucas Gesicht zeigte Verlegenheit. Doch noch ehe er antworten konnte, erreichten sie das Café.Nachdem sie Getränke bestellt hatten, nahm Emma einen Schluck Kaffee. Dann begann Luca:„Emma, d

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 17

    Emmas Blick ruhte auf Ben, der inzwischen ein Stück gewachsen war. Langsam schüttelte sie den Kopf.Mit eigenen Händen hatte sie ihn großgezogen – stets mit unendlicher Geduld und Liebe.Doch immer wieder stieß er ihr das Messer ins Herz.Sie hatte erlebt, wie er vom winzigen Säugling zum laufenden Kleinkind wurde, wie er den Kindergarten betrat. Und was bekam sie zurück? Ben verschenkte die Goldbarren, die sie ihm jedes Jahr schenkte, einfach an andere.Stets unterstellte er ihr die niedrigsten Motive, während er Luna durch eine rosarote Brille sah.Ihre Liebe war echt. Aber ihre Enttäuschung auch.In der kindlichen Welt mag eine Entschuldigung alles heilen. Doch sie war erwachsen. In der Welt der Erwachsenen lösen Worte keine Wunden.Sie blickte Ben direkt an: „Entschuldigungen bringen gar nichts.“„Und nenn mich nicht länger ‚Mama‘. Seit dem Vertragsende vor einem Jahr besteht keine Mutter-Sohn-Beziehung mehr.“Ben verstand nicht alles – doch diesen Satz begriff er: Seine Mutter wo

  • Der Mond kam nie zu mir   Kapitel 16

    Emma zuckte zusammen. Typisch – je mehr man etwas meidet, desto unvermeidlicher wird es.Ben klammerte sich an ihren Oberschenkel, krampfhaft, als hinge sein Leben davon ab. Selbst als sie ihn abzuschütteln versuchte, ließ er nicht los.Der Kontrast zu dem einst verächtlichen Jungen hätte krasser nicht sein können.Doch Emma stieß ihn entschieden von sich. In ihrem Blick lag nichts als Abscheu.Ben starrte sie verständnislos an. Warum hasst ihn Mama, die ihn doch liebte?Ein ganzes Jahr ohne sie – und nun empfängt sie ihn nur mit Ablehnung.Lucas Stimme brach: „Emma... Wo warst du? Ich suchte überall – jede Spur verlief im Nichts.“„Ben und ich vermissen dich schmerzlich. Komm heim... bitte!“Sein Zittern rührte zu Tränen. Doch Emma blieb kalt: „Eine Rückkehr ist unmöglich, Luca.“Ungläubig griff Luca nach ihrer Hand, doch Emma wich sofort zurück.„Seit einem Jahr sind wir rechtlich geschieden. Zeigen Sie Anstand.“Diese frostige Stimme war ihm fremd. Die frühere Emma hätte nie so schn

More Chapters
Explore and read good novels for free
Free access to a vast number of good novels on GoodNovel app. Download the books you like and read anywhere & anytime.
Read books for free on the app
SCAN CODE TO READ ON APP
DMCA.com Protection Status