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Als seine Augen sich öffneten
Als seine Augen sich öffneten
Author: Jane Moore

Kapitel 1

Author: Jane Moore
Heute war die Hochzeit von Anna Krüger, einer bekannten jungen Dame aus gutem Hause in Stadt A.

Doch auf ihrer Hochzeit gab es keinen Bräutigam.

Der Bräutigam, Felix Bauer, war seit einem halben Jahr nach einem Autounfall im Koma. Die Ärzte hatten prognostiziert, dass er das Jahresende nicht erleben würde.

Felix' Mutter, Lisa Weber, beschloss in ihrer völligen Verzweiflung, noch vor seinem Tod eine Ehe für ihren Sohn zu arrangieren.

Die Familie Bauer gehörte zu den führenden Top-Familien von Stadt A, doch keine Frau wollte einen Mann heiraten, der bald sterben würde…

Vor dem Schminkspiegel hatte sich Anna bereits zurechtgemacht.

Das weiße Hochzeitskleid umhüllte ihre grazile Figur, ihre Haut war so weiß wie Schnee, und ihr makelloses Make-up ließ sie strahlend und verführerisch erscheinen, wie eine rote Rose, die kurz davor war zu erblühen.

Doch in ihren Augen lag ein Ausdruck von Unruhe und Besorgnis.

Es waren noch zwanzig Minuten bis zur Zeremonie, und sie wischte immer wieder auf ihrem Handy, ungeduldig wartend auf eine Antwort.

Bevor sie gezwungen wurde, Felix zu heiraten, hatte sie einen Freund.

Zufälligerweise war ihr Freund Felix' Neffe, David Bauer.

Allerdings hatten sie ihre Beziehung nie öffentlich gemacht.

In der Nacht zuvor hatte sie David eine Nachricht geschickt, in der Hoffnung, dass er sie entführen würde, um aus Stadt A zu fliehen. Doch sie wartete die ganze Nacht und erhielt keine Antwort von ihm. Sie konnte nicht länger warten.

Sie stand von ihrem Stuhl auf, hielt ihr Handy fest in der Hand und suchte sich eine Ausrede, um aus dem Raum zu kommen.

Als sie den Flur entlangging und an einer Lounge vorbeikam, blieb sie plötzlich stehen.

Die Tür zur Lounge war nur angelehnt, und aus dem Inneren drang das kichernde Lachen ihrer jüngeren Schwester Eva Krüger.

„David, meine dumme Schwester wartet bestimmt immer noch darauf, dass du sie holst! Warum gehst du nicht später zu ihr und tröstest sie? Was, wenn sie ihre Meinung ändert und plötzlich nicht mehr heiraten will?“

David hielt Eva im Arm, seine dünnen Lippen küssten wild ihren Hals.

„Bei einer solchen Gelegenheit kann sie nicht einfach sagen, dass sie nicht heiraten will! Falls sie ihre Meinung ändert, wird der Sicherheitsdienst unserer Familie Bauer ihren Kopf festhalten, bis sie ja sagt!“

Evas Lachen wurde immer schärfer und unangenehmer.

„Wenn Anna wüsste, dass du jeden Abend mit mir zusammen bist, würde sie bestimmt verrückt werden!“, lachte sie hämisch.

In Annas Kopf hallte ein lautes Dröhnen wider!

Sie taumelte rückwärts, verlor fast das Gleichgewicht.

Ihre Hände klammerten sich fest an dem Saum ihres Hochzeitskleides, während sie die Tränen in ihren Augen mit aller Kraft zurückhielt.

Die Firma ihres Vaters war pleite gegangen, und vor kurzem war er plötzlich schwer erkrankt ins Krankenhaus eingeliefert worden.

Ihre Stiefmutter, Theresa Lange, hatte sie daraufhin in die Familie Bauer verheiratet, um eine hohe Summe Geld zu erhalten. Sie sagte, es sei alles im Interesse der Familie Krüger, doch Anna wusste, dass es nur ein Vorwand war, um sie aus der Familie Krüger zu vertreiben!

Und sie hatte nie gedacht, dass ihr Freund, der gesagt hatte, er liebe sie für immer, sie längst hintergangen hatte!

Kein Wunder, dass David ihr geraten hatte, erst zu heiraten und dann, nach Felix' Tod, sie zu ehelichen.

Alles war eine Lüge!

Alle ihre friedlichen, schönen Vorstellungen waren in tausend Stücke zerschlagen worden, und sie konnte kaum noch atmen vor der unterdrückten Wut.

Die Geräusche aus dem Zimmer wurden immer lauter, Annas Fäuste ballten sich, und in ihren Augen blitzte ein Ausdruck von Zorn und Enttäuschung.

Früher war sie einfach zu dumm gewesen. Um ihrem Vater das Leben nicht noch schwerer zu machen, hatte sie alles ertragen – die Demütigungen durch ihre Stiefmutter und ihre Schwester, um dem Wohl der Familie Krüger zu dienen, hatte sie jede Ungerechtigkeit in sich hineingefressen.

Aber jetzt würde sie sich nicht mehr wie ein Dummkopf behandeln lassen!

Sie würde alles zurückholen, was ihr gehörte!

Bald begann die Hochzeitszeremonie.

Anna trug ihr weißes Hochzeitskleid und hielt einen Brautstrauß in den Händen, als sie inmitten romantischer und sanfter Hintergrundmusik auf den Altar zuschritt.

Sie legte ihr Gelübde alleine ab und setzte sich ihren Ehering alleine auf.

Die Blicke der anderen Menschen auf ihr waren voll von Staunen und Neugier, doch sie ließ sich davon nicht im Geringsten beeindrucken.

Ab jetzt war sie Felix' Frau, und niemand würde es wagen, sie zu schikanieren.

Doch ihr frisch angetrauter Ehemann, dieser Mann, der einst in Stadt A alles beherrschte, würde nicht mehr lange leben…

Am Abend.

Anna wurde in Felix' Villa gebracht.

Diese Villa befand sich im wohlhabenden Viertel des Stadtzentrums und hatte einen Wert von dreißig Millionen Euro.

Anna hatte keine Zeit, sich die Architektur der Villa genauer anzusehen, da sie sofort von der Haushälterin Mia ins Hauptschlafzimmer geführt wurde.

Ihr Blick fiel sofort auf den Mann auf dem großen Bett. Sie ging langsam bis zum Bett und sah ihm ins Gesicht.

Seine Züge waren markant und tief, und seine Stirn strahlte eine natürliche Noblesse aus.

Durch die lange Zeit im Bett war seine Haut unnatürlich blass, doch trotz seiner Krankheit war er immer noch so gutaussehend, dass man den Blick nicht von ihm abwenden konnte.

Wäre er nicht so krank, hätte Anna niemals seine Frau werden können.

Bevor er durch den Autounfall zum Koma-Patienten wurde, war er eine der einflussreichsten Persönlichkeiten gewesen, die große Macht besaß. Die Gruppe ST, die er leitete, gehörte zu den zehn größten Konzernen in Land A.

Es hieß, er sei skrupellos, jähzornig und mit einem weit verzweigten Netzwerk ausgestattet. Jeder, der ihm in die Quere kam, fand ein tragisches Ende.

Anna hatte nie daran gedacht, einen solchen Mann zu heiraten.

Während sie in Gedanken versunken war, stürmte plötzlich die Tür zum Schlafzimmer auf.

Es war David!

„Anni, Liebling, es tut mir leid! Ich war heute einfach viel zu beschäftigt und habe erst jetzt Zeit, zu dir zu kommen.“

David tat so, als sei er tief betroffen, und ging rasch auf sie zu, um sich zu entschuldigen.

Anna sah ihn kalt an und spottete:

„Ich habe jetzt deinen Onkel geheiratet. Weißt du, wie du mich jetzt ansprechen sollst? Soll ich es dir beibringen?“

„Anni, ich weiß, du bist sauer auf mich. Ich habe dich nicht entführt, weil ich nicht wollte, dass du ein hartes Leben führst. Mein Onkel ist jetzt ein Mann, der bald sterben wird. Du hast ihn geheiratet und musst nichts tun. Wenn er tot ist, werde ich dir einen großartigen Anwalt besorgen, der dir hilft, sein riesiges Erbe zu bekommen!“

David ergriff aufgeregt Annas Hand.

„Dann gehört alles, was meinem Onkel gehört hat, uns!

Anna erinnerte sich plötzlich an die Szene, in der er mit Eva heimlich zusammen war, und ein Gefühl des Ekels stieg in ihr auf.

„Lass los!“

Sie lachte kalt und riss ihm die Hand mit einem kräftigen Schwung weg.

Dieser Befehl ließ David kurz innehalten. War das noch die Anna, die er gekannt hatte?

Die frühere Anna war immer brav und sanft, sie hatte nie so laut mit ihm geschrien.

Hatte sie etwa etwas erfahren?

David fühlte sich plötzlich unsicher und trat näher an sie heran, um sich zu erklären.

Doch im nächsten Moment starrte er ungläubig über Annas Schulter, seine Augen weiteten sich, als hätte er ein Gespenst gesehen.

„Er, er…“

Auf dem Bett öffnete Felix plötzlich die Augen.

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