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Kapitel 6

Penulis: Zora Miau
Adrian zog die Schublade auf, drückte die Tablette aus der Folie und nahm Loratadin.

„Allergie.“

Ursula musste sich eingestehen, dass sie beim Anblick der Spur an seinem Hals geglaubt hatte, er habe endlich eine Freundin – nur eben eine, die man nicht mit nach Hause brachte.

Und dann stellte sich heraus, dass es bloß eine Allergie war.

Ein leiser Anflug von Enttäuschung machte sich bei ihr breit.

„Adrian, Riana möchte ein Praktikum im Unternehmen machen. Regel das.“

„Sie soll den normalen Weg gehen. Wenn sie das Interview besteht, ist es gut.“

Ursulas Miene verdüsterte sich.

„Riana hat an einer Spitzenuniversität studiert. Und selbst für ein Praktikum muss sie noch durch das ganze Verfahren? Adrian, kannst du nicht eine Ausnahme machen?“

Adrian sah auf. „Nein.“

Riana war hübsch, stammte aus einer passenden Familie und mochte ihn seit Jahren.

Was sollte also an ihr falsch sein?

Ursula betrachtete ihren Sohn und spürte ein ungutes Gefühl aufkommen.

Ihre Stimme wurde schärfer: „Adrian … du stehst doch nicht etwa auf Männer?“

„…“ Adrian drückte sich müde die Schläfen und antwortete schließlich beherrscht: „Ich hatte eine Freundin.“

Ursula fühlte sich endlich beruhigt.

Doch bevor sie weiterfragen konnte, setzte Adrian nach: „Gleichgeschlechtliche Neigungen sollen ja oft genetisch sein. Wenn du also Zweifel hast, frag lieber meinen Vater.“

Ursula stockte.

Was redete er da für einen Unsinn!

So eine Situation ließ einen sprachlos zurück. Ursula konnte weder richtig wütend werden noch es einfach hinnehmen. Es war, als hätte sie mit aller Kraft ins Leere geschlagen.

Sie entschied sich, es dabei zu belassen, räumte das Tablett mit dem Geschirr zusammen und verließ den Raum.

Noch länger zu bleiben, hätte sie nur weiter aufgebracht.

Am nächsten Tag.

Adrian hatte seiner Cousine zugesagt, ihr Kind abzuholen. Kaum hatte er den Wagen geparkt, richteten sich bereits zahlreiche Blicke der wartenden Eltern auf ihn.

Er fiel auf: groß, schlank, an den Luxuswagen gelehnt, mit einer kühlen Eleganz, die man nicht übersehen konnte.

Einige fragten sogar, ob irgendwo in der Nähe ein Star drehte.

Doch statt seines Neffen Timo erschien eine junge Kindergartenlehrerin, die sichtbar nervös war.

Mit geröteten Wangen sagte sie: „Sind Sie der Angehörige von Timo? Es gab einen kleinen Konflikt mit einem anderen Kind. Wir müssten kurz mit Ihnen sprechen.“

Adrian nahm die Sonnenbrille ab und folgte ihr in den Kindergarten.

Dort saß ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid auf dem Boden. Sie weinte leise, zog die Nase hoch, und auf ihren hellen Armen zeichneten sich feine Kratzer ab.

Timo stand daneben, die runden Wangen vor Überheblichkeit gespannt.

„Marlene, ich habe dich eingeladen, mit mir zu spielen. Das ist doch wohl Ehre genug!“

„Warum ignorierst du mich? Hör auf zu weinen. Das sieht total hässlich aus.“

Adrians Stirn legte sich in Falten. Mit wenigen Schritten war er bei ihnen, griff den Jungen und hob ihn hoch. Sein Blick war kühl und unzufrieden. „Timo Beck – was glaubst du eigentlich, was du hier tust?“

In dem Moment, als Timo Adrian erkannte, war seine ganze Aufsässigkeit verflogen. In Adrians Griff zitterte der pummelige Junge wie ein aufgescheuchtes Huhn.

Als Einzelkind seiner Cousine war Timo stets verhätschelt worden. Doch vor Adrian hatte er von klein auf Angst.

Denn wenn Adrian verärgert war, bekam das die ganze Familie zu spüren.

Die Erzieherin schilderte den Hergang. Nichts Ungewöhnliches – Timo hatte mit Marlene spielen wollen. Als sie ihn abwies, hatte er sie nach dem Unterricht geschubst und dabei ihr Kleid beschädigt.

Adrian ging in die Hocke, hob das kleine Mädchen auf und sah in ihre klaren, tränenfeuchten Augen. Sein Herz wurde auf einmal weich.

Dieses Kind wirkte seltsam vertraut, fast so, als kenne er sie schon lange.

Seine Stimme senkte sich ganz von selbst.

„Tut es weh? Ich bringe dich ins Krankenhaus.“

Dann wandte er sich an die Erzieherin: „Bitte informieren Sie ihre Familie. Ich übernehme alle Kosten.“

Ein Luftzug wehte durch den Flur.

Elin kam hastig herbei – und bemerkte nicht, wer das Kind hielt.

In ihrem Blick existierte nur ihre weinende Tochter.

Marlene war still, in sich gekehrt.

Auch beim Weinen machte sie kaum ein Geräusch.

Die Tränen rannen wie von einer zerrissenen Kette – leise und herzzerreißend.

Eine sanfte Hand zog Marlene aus Adrians Armen, schloss sie fest an die Brust und wiegte sie beruhigend.

„Marlie, alles gut. Nicht weinen. Mama ist da.“

Marlene schmiegte sich an Elins Schulter, klammerte sich mit beiden Armen an ihren Hals.

Als Elin die Kratzer auf den Armen ihrer Tochter bemerkte, geriet sie völlig aus der Fassung.

Marlene war von klein auf anfälliger als andere Kinder.

Ihre Blutplättchen waren zu niedrig, die Gerinnung gestört – jede noch so kleine Verletzung konnte problematisch werden.

Der Anblick reichte aus, um Elin hart werden zu lassen.

Sie sah die Erzieherin an. „Was genau ist hier passiert? Ich erwarte eine Erklärung.“

Adrian meldete sich ruhig zu Wort: „Es war Timos Fehler. Wir übernehmen alle Kosten.“

Elin war groß, aber erschreckend schmal geworden.

In ihren Armen wirkte Marlene wie eine zerbrechliche Puppe, die sie instinktiv schützte.

Das war ihr Kind. Kein Wunder, dass er dieses Mädchen sofort wiedererkannt hatte.

Und dennoch war da dieses unbestimmte Gefühl – als hätte dieses Kind eine unsichtbare Verbindung zu ihm.

Als Adrian länger auf Marlene blickte, zog sich Elins Herz zusammen.

Fast panisch schirmte sie ihre Tochter ab, als müsste sie sie vor jemandem verteidigen.

Dann hob sie den Kopf und begegnete seinem Blick. Dunkel, tief, von scharfen Konturen eingerahmt – auf den ersten Blick kühl und einschüchternd, bei näherem Hinsehen makellos und fern.

Der Junge, der ihre Tochter immer wieder verletzte – war er sein Kind?

Nein. Der Junge hieß Beck.

Oder liebte Adrian die Mutter dieses Kindes so sehr, dass ihm selbst der Name keine Rolle spielte?

Ein säuerlicher Schmerz stieg in Elin auf. Ihre Hand begann leicht zu zittern, der Instinkt, ihr Kind zu schützen, loderte auf. „Entschädigung?“

„Timo hat meine Tochter wiederholt schikaniert. Wie stellen Sie sich diese Entschädigung vor, Herr Kaiser? Er hat ihr ernsthaften seelischen Schaden zugefügt.“

Es war nicht das erste Mal, dass Timo Marlene gequält hatte.

Adrian sah seinen Neffen an, der neben ihm stand, den Blick gesenkt, eingeschüchtert – dann ging er wortlos zum Wagen.

„Einsteigen. Wir fahren ins Krankenhaus.“

Er wusste, wie Timo war. Als Elin reglos blieb und Marlene fest an sich drückte, drängte er:

„Beeil dich.“

In Elins Armen hatte Marlene aufgehört zu weinen.

Sie rang nach Luft, ihr Gesicht war vor Anstrengung gerötet.

Elin zögerte nicht. Mit wenigen schnellen Schritten stieg sie in Adrians Auto.

Im Krankenhaus sprach sie kaum. Sie ging direkt in die Pneumologie, ließ Marlene untersuchen, Test um Test.

Als sie wieder herauskamen, trug Elin mehrere Tüten mit Medikamenten.

Adrian zahlte schweigend und wusste nun, dass das Mädchen tatsächlich krank war.

Beim Blick auf den Befund blieb sein Blick hängen. Marlene Franke.

Also lautete der Nachname ihres Mannes Franke?

Auch Timo war sichtlich erschüttert.

Er hatte gedacht, es sei nur ein Spiel gewesen, ihr Weinen übertrieben.

Er hatte nicht begriffen, dass sie echte Schmerzen hatte.

Adrian brachte sie nach Hause. An einer roten Ampel, nach langem Zögern, drehte Timo sich um und murmelte in Richtung Elin und Marlene:

„Es tut mir leid.“

Elin wandte den Blick ab. Sie sagte nichts.

Auch wenn Timo nur ein Kind war, ließ Elins Wut nicht nach.

Adrians Sohn mochte kostbar sein – aber ihre Tochter war ihr Ein und Alles.

Marlene war von Elin mit äußerster Vorsicht großgezogen worden. Sie ließ sie kaum weinen, geschweige denn sich verletzen.

Der Zustand ihrer Tochter erlaubte keine starken Gefühle. Weder überschwängliche Freude noch tiefe Traurigkeit. Allein der Gedanke an die Tränen auf Marlenes Gesicht, an die vom Weinen geschwollenen Augen, die Elin am Nachmittag gesehen hatte, ließ ihr das Herz schmerzen.

Als Timo bemerkte, dass Elin ihn konsequent ignorierte, sah er wieder zu Marlene hinüber.

Marlene blinzelte ihm zu.

Sie war außergewöhnlich hübsch. Zart, fein geschnitten, wie ein kleines Kunstwerk – ein Gesicht, das man fotografiert und sofort von Agenturen entdeckt hätte.

In ihren Augen und Brauen lag zudem ein Hauch von Fremdartigkeit, fast wie bei einem Kind mit gemischter Herkunft.

Elin hatte sich über Marlenes Aussehen schon früher Gedanken gemacht.

Dann fiel ihr ein, dass Adrian einmal erwähnt hatte, seine Mutter stamme aus einem östlichen Land.

Vielleicht hatte Marlene etwas davon geerbt, generationenversetzt.

Nicht selten hielt man Marlenes Vater deshalb für einen Ausländer.

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