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Kapitel 3

Author: Halber Löffel Zucker
Connors Worte, mit denen er Belindas Unrecht beklagte, waren für mich einfach nur lächerlich.

Vor zwei Wochen hatte ich den Handelskonvoi begleitet, um mit einem benachbarten Rudel Geschäfte zu machen. Dort begegnete man mir mit Respekt – schließlich war ich die Luna. Doch genau das machte Belinda rasend vor Eifersucht.

Als sie mich einmal allein erwischte, stellte sie sich mir in den Weg und fauchte: „Und wenn du Luna bist – Connors Herz gehört dir trotzdem nicht.“

Ich verschwendete keine Zeit auf eine Diskussion mit ihr, stieg wortlos in meinen Wagen.

Doch Belinda weigerte sich, mit einem ärmlichen Eselskarren zu fahren, der schlechter war als meiner – also blieb sie zurück.

Der Konvoi zog ohne sie weiter, ließ sie allein in der Wildnis zurück.

Als Connor sie endlich fand, lag sie unter den Klauen eines Riesenvogels und spielte die Sterbende.

Kaum gerettet, hauchte sie ihm mit letzter Kraft ins Ohr:

„Ich wollte Sie nur aus der Ferne ansehen… und nicht mal dieser kleine Wunsch wird mir vergönnt.“

„Ich hoffe, Luna wird gut auf Sie achten… dann habe ich keine Reue.“

Als Connor sie in seinen Armen hielt und voller Schmerz aufschrie, stand ich still am Rand der Menge – unbewegt und kalt.

Denn ich wusste: Selbst der schwächste Omega kann in einer Vollmondnacht jagen.

Und was waren schon Aasgeier gegen unsere Stärke?

Belinda war nur drei Stunden allein draußen gewesen.

Doch als Connor mich am Ohr packte und mich in den alten Brunnenschacht stieß, konnte ich nicht länger unbeteiligt bleiben.

„Clara! Belinda hat Nachtblindheit – und du lässt sie allein in der Wildnis?“

„Ihre kleine Schwester wurde einst von Geiern fortgetragen – sie hat panische Angst vor fliegenden Raubtieren. Weißt du überhaupt, was du ihr da angetan hast?“

„Du glaubst wohl, du kannst dir als Luna alles erlauben. Aber wenn du deine Schuld nicht eingestehst, kommst du hier nie wieder raus.“

Bis heute sitzt er noch immer überheblich auf seinem Thron – wartet darauf, dass ich zurückkomme, reumütig und demütig.

Nur dass ich ihm diesen Wunsch nicht mehr erfüllen kann.

„Alpha! Luna… sie atmet nicht mehr!“

Die panischen Worte seines Untergebenen ließen Connor augenblicklich erstarren.

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