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Nach zehn Jahren Verleumdung: Sie kann ihn haben
Nach zehn Jahren Verleumdung: Sie kann ihn haben
Mond

Kapitel 1

Mond
Die Scheidungspapiere hatte ich gerade erst vor einer halben Stunde ausgedruckt.

Davor saß ich die ganze Nacht auf dem Sofa im Wohnzimmer.

Auf dem Esstisch standen die mehr als zehn Gerichte, die ich so liebevoll zubereitet hatte, völlig unberührt.

Die Ultraman-Torte war längst zu einem unkenntlichen Haufen geschmolzen.

Gestern war Leons Geburtstag.

Mein Mann Martin hatte mir extra eingeschärft, alles zu Hause vorzubereiten. Er würde Leon abholen und nach Hause bringen, um seinen Geburtstag zu feiern.

Aber ich wartete und wartete, bis ich schließlich Sophies Post sah – ein Foto ihrer vierköpfigen Familie.

So lächerlich.

Martin hatte nicht mit meiner Scheidungsforderung gerechnet. Er runzelte die Stirn, zerriss die Papiere und sah mich verärgert an:

„Julia, was soll das Theater schon wieder? Ich hab Leon nur zu Sophie und ihrer Tochter mitgenommen und vergessen, dir Bescheid zu sagen. Ist das denn so schlimm?“

Sein Blick fiel auf den gedeckten Tisch, ein Hauch von schlechtem Gewissen huschte durch seine Augen.

Er milderte seinen Ton:

„Okay, ich hätte dich gestern anrufen sollen, mein Fehler. Ich passe nächstes Mal auf. Ich räum hier auf, leg dich hin und ruh dich aus. Mittags geh ich mit dir und Leon was essen.“

Immer dasselbe Spiel. Nach einer Ohrfeige ein Bonbon.

Er wusste, dass er zu weit gegangen war, aber eine Entschuldigung kam nicht über seine Lippen. Stattdessen bot er mir eine kleine Brücke an.

Griff ich nicht danach, würde er mich mit Schweigen strafen, bis ich klein beigab.

Früher hätte ich nachgegeben, aber diesmal holte ich nur ein weiteres Exemplar der Scheidungspapiere hervor und warf es auf den Couchtisch:

„Ich hab Dutzende ausgedruckt, zerreiß sie ruhig alle.“

Vor Wut zerschmetterte Martin eine Schüssel auf dem Boden.

Genervt starrte er mich an: „Im Grunde bist du doch nur eifersüchtig, dass Leon Sophie lieber mag als dich! Julia, vergiss nicht, du schuldest ihr was! Dass Leon und ich uns um sie und ihre Tochter kümmern, ist nur Wiedergutmachung für deine Schuld!“

Wiedergutmachung? Welche Schuld soll ich denn bitte haben?

Sophie und ich waren mal beste Freundinnen. Im Sommer des dritten Studienjahrs fragte sie, ob ich mit ihr etwas unternehmen wollte.

Abends auf dem Heimweg wollte ich die Hauptstraße nehmen, sie bestand auf einer Abkürzung, sagte, ein Freund würde dort auf sie warten.

Also trennten sich unsere Wege.

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stürmte Martin in meine Wohnung und packte mich am Kragen.

Er schrie mich an, warum ich nicht die Polizei gerufen hätte, warum ich Sophie im Stich gelassen hätte.

Ich verstand kein Wort. Erst später erfuhr ich, dass Sophie in dieser Gasse von ein paar Typen sexuell belästigt und missbraucht worden war.

Sie behauptete, sie hätte die Kerle von mir weglocken wollen und wäre dabei selbst erwischt worden.

Sie log.

Ich versuchte verzweifelt, mich zu verteidigen, aber niemand glaubte mir. Die Überwachungskameras waren kaputt, und ich hatte den schwarzen Peter.

Seitdem war ich in den Augen aller die Schuldige.

Meine Eltern nannten mich herzlos, Martin kaltblütig.

All ihre Zuneigung, die mir einst galt, gaben sie Sophie als Wiedergutmachung.

Sie nahmen mir sogar mein Kind weg, sagten, ich sei charakterlich verkommen und unwürdig, ihn zu erziehen.

Deshalb war meine Beziehung zu Leon so distanziert.

Dabei liebte ich ihn so sehr, dabei versuchte ich verzweifelt, unsere Beziehung zu kitten.

Ich sah Leon an, er starrte zurück.

Sein Blick war kalt, mit einem Hauch von Abscheu, als wäre ich sein Feind:

„Du hast Papas und Tante Sophies Leben zerstört. Ohne dich wäre Tante Sophie meine Mama.“

Ich schwankte, der Schmerz war unerträglich:

„Wer hat dir das erzählt?“

Leon runzelte die Stirn: „Stimmt es etwa nicht?“

Ich sah zu Martin.

In diesem Moment hoffte ich noch immer auf eine Erklärung.

Aber er wich meinem Blick aus:

„Leon glaubt halt, ohne diese Sache hätte ich Sophie geheiratet.“

Früher hätte ich gefragt, warum er es nicht richtigstellte.

Schließlich waren wir seit Kindertagen zusammen, schließlich stellte ich die beiden einander vor, schließlich war ich seine Freundin...

Aber jetzt war es mir egal.

Leon sollte ruhig denken, was er wollte, bald hätte ich sowieso nichts mehr mit ihm zu tun.

Ich griff meinen Koffer und ging zur Tür:

„Überleg es dir, wir sehen uns beim Standesamt.“

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