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Kapitel 9

Author: Clara Winter
Niemand hieß sie willkommen, alle wollten sie loswerden.

Clara fand das lächerlich. Ihre kühlen, klaren Augen glitten nacheinander über die Gesichter von Lena, Julia und Kai. Dann riss sie mit Nachdruck ihren zarten Arm aus Niklas' Handfläche. Mit einem schwachen, spöttischen Lächeln auf den Lippen sagte sie: „Gut, ich gehe.“

Merkt euch das ihr habt mich weggeschickt!

Clara drehte sich um und ging.

Doch schon kurz darauf kehrte sie zurück. Sie schob eine Haarsträhne hinter ihr Ohr und sagte: „Herr Hoffmann, wissen Sie eigentlich, warum ich heute in der TCM-Klinik bin?“

Niklas sah auf ihr zartes, weißes Gesicht, fein wie ein Libellenflügel. Selbst der kaum sichtbare Flaum darauf wirkte weich und funkelnd, ein weiterer Hauch von vollkommener Schönheit.

Niklas blieb mit kaltem Gesichtsausdruck stehen, offensichtlich nicht interessiert. Seine Stimme war so frostig wie seine Miene: „Clara, wenn du so weitermachst, wird das einfach nur lästig.“

Clara machte plötzlich einen Schritt auf ihn zu und schenkte ihm ein leuchtendes Lächeln: „Ich bin gekommen, um dir einen alten chinesischen Arzt zu vermitteln.“

Dabei holte sie eine kleine Karte hervor und reichte sie Niklas: „Hier, für dich.“

Niklas senkte den Blick. Die vergilbte kleine Karte sah aus, als hätte sie jemand heimlich durch den Türspalt gesteckt.

Darauf stand: Traditioneller chinesischer Arzt in Familientradition, Spezialisiert auf Impotenz, vorzeitige Ejakulation und Unfruchtbarkeit. Hilft Männern, ihre Lebensfreude zurückzugewinnen.

Kontakt: XXXXXXXX

Ein leichter Schatten zog über Niklas’ sonst unbewegt schönes Gesicht.

Clara steckte ihm die Karte in die Brusttasche seines Anzugs. „Julia ist krank aber Herr Hoffmann etwa nicht? Ihr solltet euch beide gut untersuchen lassen.“

Damit drehte Clara sich um und verließ den Raum.

Niklas‘ Hand, die an seiner Seite hing, ballte sich plötzlich zur Faust. Er stellte fest, dass diese Frau immer einen Weg fand, ihn wütend zu machen!

Da sagte Julia: „Niklas, lass gut sein. Es lohnt sich nicht, sich über Clara aufzuregen. Sie ist deine Zeit nicht wert.“

Lena nickte. „Stimmt. Warum ist Dr. C eigentlich noch nicht da?“

Beim Namen „Dr. C“ wurde plötzlich alle nervös.

Dr. C war Julias letzte Hoffnung.

Niklas senkte den Blick auf seine Stahlarmbanduhr. Die vereinbarte Zeit war längst überschritten, aber Dr. C war noch nicht da.

Da trat medizinisches Personal ein. „Herr Hoffmann.“

Julia, Kai und Lena öffneten die Augen vor Überraschung. „Ist Dr. C schon da?“

Der Pfleger blickte Niklas an. „Herr Hoffmann, Dr. C ist bereits eingetroffen.“

Was?

Niklas blickte nach draußen, aber er sah niemanden. Nur eine schlanke, makellose Silhouette – Clara.

Clara bog um eine Ecke und verschwand aus seinem Blick.

Niklas runzelte die Stirn. „Ich habe Dr. C nicht gesehen.“

Der Pfleger erklärte: „Dr. C war da, aber ist wieder gegangen.“

„Was?“ Julia, Kai und Lena waren wie vom Donner gerührt. „Warum ist Dr. C gegangen? Sie hat Julia doch noch gar nicht behandelt!“

Der Pfleger senkte entschuldigend den Blick. „Es tut mir leid, Dr. C wird Julia nicht behandeln.“

Julias strahlend schönes Gesicht erblasste schlagartig. Dr. C würde sie nicht retten!

Warum?

Die Freude von eben war wie mit eiskaltem Wasser überschüttet –ausgelöscht. Alle waren wie erstarrt.

Julia brach zusammen: „Warum? Warum will Dr. C mir nicht helfen? Warum?“

Kai und Lena zogen sie sofort in die Arme und trösteten sanft: „Julia, reg dich nicht auf. Wir werden versuchen, Dr. C noch einmal bitten, zu kommen. Du wirst wieder gesund, ganz bestimmt.“

Niklas’ markante Züge wurden mit einem Mal eisig.

Er sah in den leeren Flur hinaus, sein Blick war frostig und gefährlich.

......

Clara hatte das Krankenhaus bereits verlassen, als plötzlich eine Stimme sie aufhielt. „Clara.“

Claras Schritte hielten inne. Langsam drehte sie sich um.

Es war Lena.

Lena war ihr hinterhergeeilt.

Sie trat vor Clara und sagte: „Clara, das hier ist für dich.“

Als sie den Blick senkte, sah sie einen Scheck über zwanzigtausend Euro.

Lena sagte: „Clara, Herr Hoffmann liebt dich nicht. Hör auf, dich an ihn zu klammern. Überlass ihn deiner Schwester. Warum kannst du ihr nicht einfach den Vortritt lassen? Lass dich am besten von ihm scheiden, geh mit dem Geld aufs Land zurück. Fang ein neues Leben an.“

Clara fand das bitter ironisch.

Wenn sie nicht heimlich einen DNA-Test zwischen Lena und Julia gemacht hätte, hätte sie fast geglaubt, Julia wäre Lenas leibliche Tochter.

Aber das war sie nicht.

Sie selbst war Julias Stiefmutter.

Und doch liebte Lena nur Julia, nicht ihre leibliche Tochter.

Clara wusste, dass Lena in Kai verliebt war und aus Liebe zu ihm eben auch alles liebte, was zu ihm gehörte.

Mit klaren, anmutigen Augen sah Clara Lena an und zog die Lippen zu einem leichten Lächeln: „Der Platz an der Seite von Herrn Hoffmann ist also nur das hier wert? Oder gelte ich dir wirklich nicht mehr als das?“

Lena war einen Moment lang sprachlos. Dann stammelte sie eine Rechtfertigung: „Clara, Mama meint es doch nur gut mit dir. Hier passt du einfach nicht rein ...“

Mama?

Diese ungewohnte Anrede ließ Clara leise lächeln, und in ihren Augen funkelte bittere Ironie. „Du hast mich schon einmal aufs Land geschickt und jetzt willst du es ein zweites Mal tun.

Du bist wirklich eine gute Mutter!“

Sie warf Lena keinen weiteren Blick zu, stieg ins Taxi und fuhr davon.

......

Im Taxi.

Clara saß auf dem Rücksitz. Aus ihrer Tasche holte sie ein Bonbon, wickelte es vorsichtig aus und schob es sich in den Mund.

Der ältere Fahrer warf über den Rückspiegel einen Blick auf das Mädchen. Sie trug ein schlichtes Kleid, ihre Ausstrahlung war still und makellos – eine Aura, das nur von innerer Stärke erwachsen konnte.

Aber beim genaueren Hinsehen erkannte er, dass ihre Haut beinahe durchsichtig weiß war, und der Körper unter dem Kleid wirkte zerbrechlich, als könne er bei der kleinsten Berührung zerbrechen.

Der Fahrer, der selbst eine Tochter in diesem Alter hatte, lächelte. „Na, du magst wohl Süßes, oder?“

Clara hob den Kopf. Der Wind spielte draußen mit ihren Haaren, die sich sanft über ihr Gesicht legten. Sie lächelte leise. „Ja. Wenn man was Süßes isst, schmeckt das Leben nicht mehr ganz so bitter.“

......

Lena stand wie erstarrt da. Sie hatte gesehen, wie Clara davonfuhr.

Da kam jemand auf sie zu. „Frau Weber.“

Lena drehte sich um. Es war Direktor Leon Schulz von der TCM-Klinik.

Sofort trat sie eilig auf ihn zu. „Direktor Schulz, guten Tag! Sie kennen doch so viele Leute. Haben Sie vielleicht eine Möglichkeit, Dr. C dazu zu bringen, Julia zu behandeln?“

Leon nickte. „Frau Weber, tatsächlich kenne ich Dr. C persönlich. Ich kann Sie gerne bekannt machen.“

Lena war überglücklich. „Wirklich? Vielen, vielen Dank, Direktor Schultz!“

In diesem Moment blickte Direktor Schultz in die Richtung, in der Clara verschwunden war.

Aus dem sauberen, weißen Kittel heraus zeigte sich ein heimtückisches Grinsen. „Frau Weber, das eben war doch Ihre älteste Tochter vom Land, oder? Ich hätte nicht gedacht, dass Ihre Tochter so eine Schönheit ist. Ich eben dachte für einen Moment, ich hätte eine Göttin gesehen.“

Das Lächeln auf Lenas Gesicht verschwand. Ihr Ausdruck wurde still, kalt und distanziert.
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