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Kapitel 2

Author: Frühling

Sie hob ihr Weinglas und trank den Wein in einem Zug aus.

In all den Jahren hätte sie niemals gedacht, dass Felix sie jemals verraten würde.

Der Moment, als sie ihn mit einer anderen Frau im Bett erwischte, war, als ob tausend Pfeile ihr Herz durchbohren würden.

„Ich dachte, er liebt dich so sehr. Es sieht ihm einfach nicht ähnlich, fremdzugehen. Könnte es nicht doch ein Missverständnis sein?“

Marie verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln. „Ich habe es mit eigenen Augen gesehen. Wie könnte das ein Missverständnis sein?“

Im Raum trat eine unangenehme Stille ein.

Als Lisa sah, wie Marie ein Glas nach dem anderen in sich hineinkippte, als wäre ihr das Leben egal, schnappte sie ihr das Glas aus der Hand.

„Selbst wenn er wirklich fremdgegangen ist, solltest du dich nicht selbst bestrafen, indem du dich betrinkst. Was willst du jetzt machen?“

„Natürlich lasse ich mich scheiden. Immer, wenn ich daran denke, wie ich ihn mit dieser Frau im Bett gesehen habe, wird mir einfach nur schlecht.“

Lisa blickte in Maries tränengerötete Augen und spürte ihren unbändigen Schmerz.

„Denk jetzt einfach nicht mehr darüber nach. Du musst dich erst mal ausruhen. Wenn du dich beruhigt hast, kannst du dir überlegen, wie es weitergeht. Ich bringe dich nach Hause.“

Marie schüttelte jedoch den Kopf. „Nein … ich will nicht nach Hause.“

Jedes Mal, wenn sie nach Hause ginge, würden die Bilder von Felix’ Betrug erneut vor ihren Augen auftauchen. Und jedes Mal würde ihr davon schlecht werden.

Lisa sah ihren entschlossenen Widerstand und bestand nicht weiter darauf. „Dann buche ich dir ein Hotel.“

Nachdem Lisa das Zimmer reserviert hatte, brachte sie Marie bis zur Hoteltür. „Bist du dir sicher, dass ich dich nicht nach oben begleiten soll?“

Marie schüttelte erneut den Kopf. „Nein, du solltest jetzt nach Hause fahren und dich ausruhen.“

Mit der Zimmerkarte in der Hand winkte sie Lisa kurz zu, stieg aus dem Auto und ging in Richtung des Hotels.

Lisa sah, dass Marie sich noch relativ sicher bewegte, und atmete erleichtert auf, als sie sie ins Hotel eintreten sah. Erst dann fuhr sie los.

Was Lisa jedoch nicht wusste: Marie wirkte betrunken genauso wie in nüchternem Zustand. Auf den ersten Blick schien sie klar, doch in ihrem Kopf herrschte bereits völliges Chaos.

Mit der Zimmerkarte in der Hand stieg sie in den Aufzug, hielt die Karte an das Lesegerät, und der Aufzug begann zu steigen.

Kurze Zeit später ertönte ein „Pling“, und die Tür öffnete sich.

Als sie aus dem Aufzug trat und auf den weichen Teppichboden kam, knickte sie fast um.

Sie stützte sich an der Wand ab, massierte ihre pochenden Schläfen und machte sich auf die Suche nach ihrer Zimmernummer.

Doch der Alkohol zeigte seine Wirkung, und ihr Blick war verschwommen. Als sie die Zahl „8919“ erkannte, hielt sie die Karte an die Tür.

Als jedoch das typische „Pieps“ ausblieb, runzelte sie die Stirn und wollte die Tür gerade aufdrücken, als diese sich plötzlich öffnete.

Marie war perplex und konnte nicht einmal reagieren, als eine große Hand sie in die Dunkelheit zog.

„Peng!“

Die Tür fiel mit einem lauten Knall ins Schloss, und das letzte bisschen Licht von draußen verschwand.

Marie wurde gegen die Tür gedrückt. Der durchdringende Duft des Mannes in ihrer Nähe ließ sie unwillkürlich erschaudern.

Ein Hauch von Sandelholz stieg ihr in die Nase – ein vertrauter, aber nicht zuzuordnender Geruch.

Noch bevor sie darüber nachdenken konnte, spürte sie plötzlich die Wärme seiner Lippen auf ihren.

„Mhm …“

Als ihr bewusst wurde, was geschah, versuchte sie sich sofort zu wehren.

Doch der Mann war stark, und der Alkohol machte sie schwach. Ihre Hände, die sie gegen seine Brust drückte, wirkten mehr wie ein halbherziger Versuch, sich aufzulehnen.

Seine warmen Hände glitten über ihren Körper, hinterließen eine brennende Spur, und Maries verlor an Kraft.

Sie wollte den Mann, der sie festhielt, wegdrücken, doch er bemerkte ihre Bewegungen sofort und drückte ihre Handgelenke über ihren Kopf.

„Lass … mich … los!“

Der Mann ließ von ihren Lippen ab und lachte leise. „Das Spiel von Ablehnen und Zustimmen kannst du dir sparen.“

Seine Finger glitten zu ihrem Kragen, und die kühle Berührung ließ sie unwillkürlich zittern.

Die Hitze seines Körpers schien sie förmlich zu verschlingen, und ihre Beine gaben langsam nach.

In der Dunkelheit waren ihre Sinne geschärft, und sie spürte, wie er einen Knopf nach dem anderen an ihrer Kleidung öffnete.

Ein trockener Mund und die letzte Spur von Vernunft warnten sie, dass sie handeln musste, bevor es außer Kontrolle geriet.

„Lass mich los!“

Mit all ihrer verbleibenden Kraft versuchte sie, ihn wegzustoßen, doch er hob sie einfach hoch und warf sie aufs Bett.

Das Bett war weich, und sie spürte keinen Schmerz, aber der Aufprall verstärkte ihre Benommenheit.

Gerade als sie sich aufzurappeln versuchte, senkte sich der Mann über sie.

Bald war ihre Kleidung verschwunden, und beide trugen kaum noch etwas.

Sein Körper drückte sich eng an ihren, sein Atem schwer, die Spannung greifbar.

Der überwältigende Duft seiner Haut und seine fordernde Präsenz ließen sie unkontrolliert zittern. Sie presste ihre Hände gegen seine Brust und biss sich auf die Lippe, zwang sich zur Klarheit.

„Entschuldigen Sie … ich glaube, ich bin in das falsche Zimmer gegangen. Bitte lassen Sie mich gehen …“

Ihre Stimme zitterte vor Nervosität.

„Tja!“

Sein genervtes Schnauben war kühl und gereizt. „Was, hast du jetzt Spaß daran gefunden?“

Lukas Schneider war gerade dabei, aufzustehen und sie hinauszuwerfen, als plötzlich das Licht im Raum anging.

Es geschah, als Marie beim Strampeln versehentlich den Lichtschalter berührt hatte.

Das plötzliche Licht ließ Lukas kurz blinzeln. Doch als er die erschrockene Frau unter sich erkannte, erstarrte sein Gesichtsausdruck.

Auch Marie sah ihn in diesem Moment deutlich, und ihr ohnehin blasses Gesicht wurde noch bleicher.

Der Schock und die Erkenntnis, wer er war, ließen die Wirkung des Alkohols augenblicklich verfliegen.

Lukas Schneider!

Dass ausgerechnet Felix’ Onkel Lukas Schneider fast … sie konnte den Gedanken nicht zu Ende führen.

„Lukas …“

Marie hatte immer Respekt vor Lukas gehabt.

Er war der jüngste Sohn von Felix’ Eltern, das Nesthäkchen der Familie und von allen verwöhnt.

Mit seinem eigenwilligen und unberechenbaren Charakter wagte es weder die Familie Schneider noch Außenstehende, sich mit ihm anzulegen.

Als sie frisch mit Felix verheiratet war, hatte Felix sie extra davor gewarnt, Lukas zu nahe zu kommen.

„Halt die Klappe!“

Lukas’ Miene war vor Zorn dunkel, und sein eiskalter Blick ließ sie frösteln. Für einen Moment hatte sie das Gefühl, dass er wirklich darüber nachdachte, sie zum Schweigen zu bringen – für immer.

Doch als sein Blick kurz auf ihre unbedeckte Haut fiel, flackerte etwas Dunkles in seinen Augen auf.

Er wandte den Blick ab, stand auf und sprach kalt: „Zieh dich an und verschwinde.“

In dem Moment, als er sich umdrehte, fiel Maries Blick unwillkürlich auf etwas, das sie nicht hätte sehen sollen.

Sie erstarrte, dann wandte sie hastig den Blick ab, und ihre Ohren liefen rot an.

Lukas’ ohnehin düstere Miene wurde noch finsterer.

„Worauf wartest du noch? Verschwinde!“

Marie ignorierte die Peinlichkeit, sammelte hastig ihre Kleidung zusammen und zog sie unordentlich an, bevor sie ohne einen weiteren Blick das Zimmer verließ.

Erst draußen wagte sie es, einen Blick auf die Zimmernummer zu werfen. Im selben Moment wurde ihr klar, warum Lukas sie zuvor beschuldigt hatte, mit Absicht zu handeln.

Es war nicht Zimmer 8919, sondern 8916!

Sie hatte das falsche Zimmer betreten und wäre beinahe mit dem Onkel ihres Ehemannes intim geworden …

Dieser Gedanke ließ ihre Kopfschmerzen noch schlimmer werden.

Sie bereute zutiefst, Lisa nicht gebeten zu haben, sie nach oben zu begleiten. Dann wäre das alles nicht passiert.

Doch jetzt war es zu spät für Reue.

Im Zimmer griff Lukas mit finsterem Gesichtsausdruck zum Telefon.

„Sorg dafür, dass alle Aufnahmen von den Überwachungskameras des Königspalasts heute Nacht gelöscht werden.“

Nach dem Telefonat blickte er auf das zerwühlte Bettzeug, zündete sich eine Zigarette an und wirkte noch gereizter.

Fast hätte er etwas mit der Frau seines Neffen gehabt. Was für ein verdammtes Chaos!
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