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Kapitel 4

Author: Johanna
Markus betrat den Raum im schneidigen Anzug. Sein Blick fiel sofort auf Nora.

Er ging einige Schritte vor, öffnete bereits den Mund – da bemerkte er mich im Sessel.

Sein Schritt stockte. Dann ging er direkt zu Nora.

„Für dich.“

„Wirklich? Zeig her!“

Nora öffnete das Seidenetui. Auf samtigem Grund lag eine Diamantkette, deren Schliff das Licht in tausend Strahlen brach.

„Ich wusste, sie würde dir gefallen. Hab sie exklusiv für dich ersteigert.“

Seine Augen hafteten an Noras Gesicht, erfüllt von jener Zärtlichkeit.

Aber er hat vergessen, dass heute unser drittes Liebesjubiläum war.

Genauer gesagt haben wir noch nicht getrennt.

„Wie wundervoll!“, rief Nora, „Hilf mir, sie anzulegen!“

Während Markus ihr die Kette schloss, standen sie so dicht beieinander, dass selbst ich erkennen musste, wie gut sie zusammenpassten.

„Von all den Diamanten, die du mir schenkst – dieser ist der Schönste!“

Ein eiserner Ring schnürte mir die Brust zusammen. Besonders als sein warnender Blick mich traf. Mit gespielter Naivität fragte ich: „Schenkt Markus dir so oft etwas?“

„Natürlich!“, plapperte Nora, „Jeden Monat. So viele Diamanten, dass ich sie nicht zählen kann. Er kennt meinen Geschmack.“

Die bittere Ironie traf mich wie ein Schlag.

Jeder Stein für Nora war handverlesen. Meine nur gedankenlose Zugaben.

Für einen Zeitvertreib braucht er keine Vorlieben zu kennen.

Das rosafarbene Feuer des Diamanten stach mir in die Augen.

Woher ich den Mut nahm, weiß ich nicht, doch meine Stimme klang hohnvoll.

„Markus behandelt dich so gut. Ich möchte fragen, ob seine Freundin damit kein Problem hat.“

Markus‘ Lächeln erlosch sofort. Er warf mir einen drohenden Blick zu.

Doch Nora hatte den Satz nicht gehört. Plötzlich rief sie: „Mein Bruder ist da!“

Dann wandte sie sich mir zu: „Ich muss mich kurz verabschieden!“

Nachdem sie gegangen war, zog Markus mich in den einsamen Garten.

Er runzelte die Stirn, nichts als Vorwurf lag in den Augen.

„Lina, was zum Teufel versuchst du eigentlich?“

Ich rieb mir die tränennassen Augen. „Ich möchte dich eher fragen, Markus. Heute ist unser dreijähriges Jubiläum.“

„Wann willst du eigentlich unsere Beziehung bekannt machen?“

Markus war sprachlos vor meiner Frage. Verlegen fuhr er sich über die Nase.

„Ich bin in letzter Zeit sehr beschäftigt. Das besprechen wir später.“

Im Mondlicht sah ich, wie seine Augen unruhig immer wieder zur Festhalle schweiften.

Selbst in diesem kurzen Moment dachte er nur an Nora.

„Lina, früher warst du immer so vernünftig. Wie kommst du nur dazu, dich jetzt so aufzuführen?“

Ein stechender Schmerz durchfuhr meine Brust.

Weil ich vernünftig war, glaubte er also, er könne mich so unverhohlen behandeln?

„Markus, du willst einfach nicht derjenige sein, der Schluss macht, stimmt’s?“

Sein Gesicht rötete sich leicht, als hätte ich den Nagel auf den Kopf getroffen.

„Das ist nicht wahr! Wann habe ich jemals Schluss machen wollen? Lina, sei doch nicht so unvernünftig. Das steht dir überhaupt nicht.“

Ich lachte kalt. „Nora steht es sicher besser. Sie ist in allem perfekt. Markus, von jetzt an sind wir getrennt. Geh zu ihr.“

„Lina!“, fuhr er mich an. „Was hat Nora damit zu tun? Lass Unschuldige aus unserem Streit heraus!“

War Nora unschuldig, also war ich logischerweise schuldig?

Ich ballte die Faust und riss mir die Kette vom Hals.

„Ich hasse Diamanten! Nimm dein billiges Almosen und geh mir aus den Augen!“

Es war das erste Mal in meinem Leben, dass ich derbe Ausdrücke benutzte. Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen.

Markus‘ Gesicht verfinsterte sich. „Lina, übertreib es nicht!“

Gerade als ich etwas erwidern wollte, erklang hinter mir eine kühle, tiefe Stimme.

„Wenn es dir nicht gefällt, wirf es draußen weg. Hier wird kein Müll gelagert.“

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