Mit zwanzig legte mir der steinreiche Kriegskamerad meines Großvaters die Fotos aller seiner Enkel vor. „Such dir einen aus“, sagte er. „Einen Mann für dich.“ Ohne eine Sekunde zu zögern zeigte ich auf den sechsten: Dieter Weber. Die Anwesenden waren schockiert. Schließlich wusste jeder, dass ich immer nur den dritten Weber-Enkel, Egon, wollte. In meinem vorherigen Leben hatte ich meinen Willen bekommen: Ich heiratete Egon Weber. Und dank dieser Heirat erbte er den Großteil des Familienvermögens. Doch nach der Hochzeit ging er eine Affäre mit meiner jüngeren Schwester ein. Meine Eltern waren außer sich vor Wut und schickten meine Schwester zum Studium ins Ausland. Doch Egon war überzeugt, ich hätte sie auseinandergebracht. Von da an hasste er mich aus tiefster Seele. Von da an war er ständig von Frauen umgeben, die meiner Schwester ähnlich sahen. Jede Einzelne. Ich verfiel in eine schwere Depression. Anstatt mir zu helfen, wurden meine Medikamente gegen ein langsames Gift ausgetauscht – von ihm. Am Ende starb ich, mit seinem ungeborenen Kind im Leib. Nun, da ich noch einmal leben durfte, würde ich ihnen den Weg freimachen. Doch was ich nicht ahnte: Auch Egon Weber war zurückgekehrt!
View More„Was meinst du mit ‚nett‘?“ Seine Stimme war leicht heiser.„Hast du keine Angst, dass jemand sagen könnte, du heiratest die Frau, die dein Bruder abgelehnt hat?“Er hielt kurz inne, dann sagte er sanft:„Was redest du da? Dich heiraten zu dürfen ist mein Glück. Wenn er dich nicht zu schätzen wusste, ist das allein sein Fehler.“Mein Herz wurde ganz weich und warm.„Ich verrate dir ein Geheimnis“, sagte er plötzlich mit einem Lächeln. „Eigentlich war ich schon lange in dich verliebt.“Überrascht sah ich ihn an.„Damals, als meine Eltern noch lebten, haben sie mich einmal mit zu euch genommen. Du warst gerade etwas über ein Jahr alt, mit Schmollmund und großen Augen, hast mich nach einem Bonbon gefragt. Da dachte ich: Wie kann es auf der Welt nur so ein süßes kleines Mädchen geben?“„Nach dem Tod meiner Eltern bin ich kaum noch aus dem Haus gegangen. Aber jedes Mal, wenn du die Webers besucht hast, habe ich dich heimlich beobachtet. Ich wollte dich nicht stören – und doch tat es mir jed
Iris war ihm gefolgt.Doch am Anwesen der Webers ließ Egon sie nicht einmal hinein.Alles hatte nichts mehr mit mir zu tun.9An meinem Hochzeitstag.Noch vor Sonnenaufgang saß ich schon beim Schminken.Dieter führte mich sanft an der Hand zum Auto.Ich warf einen verstohlenen Blick auf sein Profil.Er war so anders als Egon.Egon war der typische verwöhnte Neureiche, rücksichtslos und von sich eingenommen.Dieter dagegen war anständig. Er war gutaussehend, mit einer geraden Nase und schmalen Lippen.Zuerst hielt ich ihn für distanziert – doch später ich habe seine Faszination und tiefe Zuneigung zu mir selbst erlebt..Bei diesem Gedanken durchströmte mich eine süße Wärme.Noch einmal heiraten – derselbe Weg wie damals – und doch fühlte sich heute alles ganz anders an.In meinem früheren Leben, als ich Egon heiratete, war ich immer besorgt, dass er es bereuen würde, mich geheiratet zu haben.Aber in diesem Leben, als ich Dieter heiratete, fühlte ich mich nur ruhig und sicher.Plötzlic
„Ach du meine Güte – ist das nicht Herr Egon?“„Fräulein Vera, kommen Sie schnell ans Fenster!“Ich eilte ans Bett, sah hinaus – und tatsächlich stand Egon im Innenhof unseres Hauses.Ringsherum hatten sich neugierige Nachbarn versammelt.Diejenigen, die Bescheid wussten, tuschelten schon über die komplizierte Liebesgeschichte zwischen mir und Egon.Bevor ich reagieren konnte, riss Iris die Tür auf und stürmte hinaus.„Egon, bist du meinetwegen hier?“ rief sie freudig.Doch Egon stieß sie grob beiseite.Iris stolperte und fiel hart zu Boden.„Vera, heirate mich“, sagte er, ging auf ein Knie und zog unter den Blicken der Menge einen Ring hervor.8Mir wurde übel.„Hast du den Verstand verloren? Du liebst doch meine Schwester Iris, nicht wahr?“Als ich mich abwenden wollte, stellte er sich mir in den Weg.Iris versuchte, ihn zurückzuhalten.„Vera, bitte, hör mir zu. Es war alles ein Missverständnis. Ich liebe dich. Keine andere bedeutet mir etwas.“„Du hast das anders gesagt. Du meintes
Egon starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an.„Vera, ich liebe dich doch! Nur dich!“Dann begann er plötzlich unheimlich zu grinsen.„Ich verstehe schon. Du bist eifersüchtig, oder? Du benutzt Dieter nur, um mich zu ärgern. Es geht dir nur darum, dass ich dir an deinem Geburtstag das Geschenk nicht gegeben habe, sondern Iris – stimmt's?“Ich blickte ihn ausdruckslos an.„Egon, so etwas darfst du nicht einfach behaupten. Ich bin mit Dieter verlobt.“Als ich das sagte, verzog sich Egons Gesicht zu einer wütenden Fratze.Er machte einen Schritt auf mich zu, als wolle er mich umarmen.„Vera, du darfst dich nicht mit jemand anderem verloben! Du darfst nur mich lieben!“Aber ehe er mich berühren konnte, zog mich Dieter schon hinter sich.„Egon, heute ist das Silvester. So viele Verwandte sind hier – mach keine Szene.“„Vera hat sich für mich entschieden.“Egon spuckte ihm fast ins Gesicht.„Und wer bist du, dass du hier das Wort erhebst?“„Und ich?“Herr Webers Gehstock krachte auf den
Im Wohnzimmer wurde es auf einmal laut.„Was? Er?“„Hat Vera nicht immer gesagt, dass sie Egon bis in den Tod liebt? Warum nimmt sie jetzt plötzlich Dieter?“„Da muss doch was schiefgelaufen sein!“Egon wurde sogar knallrot.„Großvater, das muss ein Irrtum sein, oder?“Herr Weber warf ihm nur einen kalten Blick zu.„Ich mag alt sein, aber ich bin weder taub noch blind. Bei so einer wichtigen Angelegenheit mache ich bestimmt keinen Fehler.“Herr Bach übernahm das Wort.„Herr Weber hat es ganz klar gesagt: Vera hat Dieter als ihren Verlobten gewählt.“„Das kann nicht sein! Da liegt ein Missverständnis vor!“ rief Egon dazwischen und wandte sich mit hoffnungsvollem Blick an mich.„Vera, das ist doch nicht dein Ernst, oder? Du hast mich gewählt – Großvater muss sich verhört haben, oder?“Ich lächelte kühl.„Ich habe mich für Dieter entschieden.“Erstaunt blickte Dieter auf, als er das hörte.In seinem Blick lag ungläubiges Staunen.Egon dagegen packte wütend mein Handgelenk.„Du liebst mich
Hinter Egon kicherten seine Brüder in die Faust.„Ach, Frau Dilly, so geht das doch nicht. Wenn Sie nicht mal Ihre eigene Schwester ertragen – was passiert dann erst, wenn Egon später noch andere Frauen hat? Platzen Sie dann vor Eifersucht?“„Haha, vielleicht haut Frau Dilly einfach alle Nebenbuhlerinnen aus der Stadt raus. Immerhin ist sie ja die unbesiegbare Kämpferin hier.“Damals hatte ich tatsächlich angefangen, Selbstverteidigung zu lernen – nur um Egon zu „verteidigen“.Ich hatte sogar öffentlich gesagt, dass ich jede Frau verprügeln würde, die sich an ihn heranwagt.Jetzt, rückblickend, war das nur noch peinlich.Mitten im Gelächter trat Egon auf mich zu und sprach mit spöttischem Unterton:„Heute wird mein Großvater unsere Verlobung bekanntgeben. Wenn du mich wirklich heiraten willst, dann vergiss nicht, was ich gesagt habe.“„Nach der Hochzeit lebt jeder sein eigenes Leben. Misch dich nicht in meins ein.“„Wenn du das akzeptierst, dann vergebe ich dir deine Bosheit und Überhe
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